Europäische Zentralbank:Draghi gibt sich hart

  • EZB-Chef Draghi macht deutlich, dass er die geplanten umstrittenen Anleihenkäufe auch gegen den Willen Deutschlands durchdrücken werde. Der EZB-Rat spielt zudem weitere Varianten möglicher Ankäufe durch.
  • Der Dax erreicht am Nachmittag mit 10 083 Punkten ein neues Rekordhoch. Kurz nach der Pressekonferenz der EZB fällt er wieder unter 10 000 Punkte.

Von Markus Zydra, Frankfurt

Wenn es noch einen Restzweifel gegeben haben sollte, ob Mario Draghi im Ernstfall auch mit einer knappen Mehrheit im EZB-Rat den umstrittenen Ankauf von Staatsanleihen beschließen würde - diese Zweifel hat der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB) am Donnerstag endgültig ausgeräumt. "Wir brauchen keine Einstimmigkeit für eine solche Entscheidung", sagte Draghi. Angesprochen darauf, ob es ihm gelingen würde, das kritische Deutschland für diese mögliche Entscheidung zu gewinnen, antwortete der Italiener: "Das ist eine politische Frage. Wir haben ein Mandat und das ist die Erhaltung der Preisstabilität."

Ausreichende Mehrheit für Draghis Kurs

Die Premierensitzung des EZB-Rats im neuen EZB-Gebäude im Frankfurter Osten unterstrich damit den tiefen Graben innerhalb des 24-köpfigen Gremiums. Bundesbankchef Jens Weidmann und EZB-Direktorin Sabine Lautenschläger haben öffentlich Kritik an den geplanten Staatsanleihekäufen geäußert.

Auch andere EZB-Ratsmitglieder sind skeptisch. Doch eine ausreichende Mehrheit stützt Draghis Kurs. Der EZB-Chef möchte durch die Ankäufe die Inflation in der Euro-Zone ankurbeln. Die Teuerungsrate liegt bei 0,3 Prozent. Der rapide sinkende Ölpreis könnte die Inflation demnächst auf null Prozent drücken. Das ist zwar gut für die Verbraucher, doch Draghi befürchtet eine gefährliche Deflation, die im schlimmsten Fall zu einer langjährigen Stagnation wie in Japan führen könnte.

Viele Ankaufsvarianten

Deshalb hat die EZB den Leitzins bereits auf 0,05 Prozent gesenkt und mit dem Ankauf von Kreditverbriefungen und Pfandbriefen begonnen. Rund eine Billion Euro möchte Draghi in den nächsten zwei Jahren in den Finanzmarkt kanalisieren. In den nächsten Wochen vergibt die EZB billige Kredite in Milliardenhöhe an Banken, unter der Bedingung, dass diese das Geld als Kredit an Unternehmen und Haushalte verleihen. "Wie werden diese bereits laufenden Maßnahmen Anfang des nächsten Jahres analysieren. Wenn nötig, weiten wir unsere Maßnahmen aus."

Draghi erzählte, dass der EZB-Rat viele Varianten durchgespielt hat. "Wir diskutierten den Ankauf von allem Möglichen - außer Gold", sagte Draghi. Der Italiener räumte ein, dass es einen Vorschlag gab, ausländische Devisen zu kaufen. Davon, so Draghi, halte er wenig, weil es ein direkter Eingriff am Devisenmarkt sei. In der vergangenen Woche hatte EZB-Direktor Yves Mersch neben Staatsanleihen und Unternehmensanleihen auch Aktien, Immobilien und Gold als theoretisch mögliche Vermögenswerte für die EZB genannt.

Draghi machte in der letzten Pressekonferenz des Jahres einen entschlossenen Eindruck, auch wenn die erste Reaktion der Finanzmärkte verhalten war. Der Dax sackte kurz nach Beginn der Pressekonferenz um 0,8 Prozent auf 9890 Punkte ab und schloss später 1,2 Prozent im Minus, nachdem er zunächst mit 10 083 Zählern ein neues Rekordhoch aufgestellt hatte.

Die für ihn lästige Frage, ob Draghi denn glaube, dass der Ankauf von Staatsanleihen durch die EZB überhaupt legal sei, konterte er wohlgelaunt mit der Gegenfrage: "Glauben Sie, wir diskutieren Dinge, die illegal sind?"

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