Europäische Zentralbank:Draghi beendet den Streit

European Central Bank President Mario Draghi Announces Interest Rate Decision

"Wir alle wissen, dass wir vorbereitet sein müssen", sagt EZB-Präsident Mario Draghi.

(Foto: Bloomberg)

Streit mit den Kollegen, war da was? EZB-Präsident Mario Draghi möchte eine Billion Euro in den Markt pumpen - und erhält dafür die Zustimmung im EZB-Rat. Wenn das nicht reicht, will er auf eine umstrittene Maßnahme zurückgreifen.

Von Markus Zydra, Frankfurt

Streit mit den Kollegen, war da was? Mario Draghi beweist Haltung, auch wenn sein Lächeln ein wenig gequält wirkt. "Lesen Sie, worauf wir uns heute alle einstimmig geeinigt haben", antwortet der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB). "Das ist die beste Antwort."

In der Tat: Sie haben sich am Donnerstag zusammengerauft im EZB-Rat, die 24 Mitglieder im wichtigsten Gremium der Notenbank. Es hatte im Vorfeld der Sitzung Kritik einzelner Mitglieder am Führungsstil Draghis gegeben. Er kommuniziere zu wenig und entscheide zu viel allein. Der Konflikt soll nun vom Tisch, und die Reihen wieder geschlossen sein.

Es muss ein harter Kampf für Draghi gewesen sein

Die EZB spricht mit einer Stimme. Bis zu eine Billion Euro möchten die Frankfurter Währungshüter bis 2016 in die Finanzmärkte pumpen. Die Bilanzsumme soll so auf über drei Billionen Euro steigen. Die Börsen reagierten euphorisch. Der Euro fiel nach der Entscheidung unter die Marke von 1,24 Dollar und ist so billig wie zuletzt im August 2012. Das stärkt die Exportkraft der Euro-Zone. Draghi wollte genau das erreichen. Auch die Aktienmärkte drehten dank Draghi deutlich ins Plus.

Doch es muss ein harter Kampf für den Italiener gewesen sein, die Zustimmung der Kollegen zu bekommen. Draghi war nämlich mit dieser Zahl "eine Billion" schon vor Wochen vorgeprescht, ohne es mit den anderen Notenbankern abgesprochen zu haben. Nun musste er nachträglich den Beschluss einholen.

Es gelang ihm, wahrscheinlich ist er ein wenig zu Kreuze gekrochen. Den Journalisten teilte er mit, er habe vor Wochen womöglich "den falschen Eindruck vermittelt". So etwas räumt Draghi selten ein.

Die EZB fürchtet, dass die Euro-Zone in die Deflation rutscht. Langfristig sinkende Preise können gefährlich sein, weil sie Investition und Nachfrage abwürgen. Japan erlebt das seit 14 Jahren. Draghi möchte alles tun, um das zu verhindern. Deshalb sein Versprechen, eine Billion Euro in den Markt zu kanalisieren, durch den Kauf von Pfandbriefen und Kreditverbriefungen.

"Der Druck auf die EZB wird zunehmen"

Wenn das nicht reicht, dann könnte die EZB später auch Unternehmensanleihen und Staatsanleihen erwerben. Draghi sagte, man habe Experten der EZB und nationale Notenbanken damit beauftragt, weitere Maßnahmen vorzubereiten. "Wir alle wissen, dass wir vorbereitet sein müssen", so der EZB-Präsident.

Das Wachstum in der Euro-Zone flaut merklich ab, die Inflationsrate liegt bei 0,4 Prozent. Das ist zu wenig. Die EZB möchte mittelfristig eine Teuerung von knapp zwei Prozent erreichen. Diese Marke soll als Puffer gegen eine Deflation dienen. Die EZB hat den Leitzins bereits auf 0,05 Prozent abgesenkt. Weitere Zinssenkungen sind somit ausgeschlossen. Daher konzentriert sich die EZB nun auf den Ankauf von Wertpapieren.

Weicht Draghi auf Staatsanleihen aus?

In den USA, Großbritannien und Japan haben die Notenbanken in großem Stil Staatsanleihen gekauft. In der EZB ist diese Maßnahme umstritten, weil bei solchen Ankäufen immer der Verdacht mitschwingt, man betreibe Staatsfinanzierung mit der Notenpresse. Schließlich sinken durch die Käufe die Kreditzinsen für die Regierungen der Euro-Zone.

Wenn die Inflation weiter zurückgeht, will Draghi Staatsanleihen kaufen. Allerdings wäre es ihm dann recht, wenn zumindest eine große Mehrheit im EZB-Rat hinter ihm steht. Dafür muss Draghi mehr Überzeugungsarbeit leisten, nachdem er zuletzt wichtige Entscheidungen im Alleingang durchpeitschte. Draghi räumte ein, dass die Stimmung im Rat angespannt ist.

"Es ist normal, dass man unterschiedlicher Meinung sein kann. Das passiert überall", sagte Draghi und verwies dabei auf die Debatten über den richtigen geldpolitischen Kurs etwa in den USA, Großbritannien und Japan in den letzten Jahren.

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"Der Druck auf die EZB wird zunehmen, mehr zu tun, weil sich ihre Wachstumserwartungen nicht erfüllen werden", sagt Alexander Krüger, Chefvolkswirt beim Bankhaus Lampe. "Wir gehen davon aus, dass die EZB ab Frühjahr 2015 Staatsanleihen kauft."

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