Europäische Union:Rückschlag für Elektrofischer

Margolle, a fisherman on the Boulogne sur Mer based trawler 'Nicolas Jeremy', mends fishing nets off the coast of northern France

Frankreich bekämpft die Elektrofischerei, die Niederlande haben viel in die Methode investiert.

(Foto: Pascal Rossignol/Reuters)

Das EU-Parlament will die umstrittene Fangmethode ganz verbieten. Allerdings muss sich das Parlament noch mit den Mitgliedstaaten einigen, die die Pulsfischerei weiterhin zulassen wollen.

Von Thomas Kirchner, Straßburg

Das Europäische Parlament hat sich für ein völliges Verbot der Elektrofischerei ausgesprochen. Die Abgeordneten verwarfen damit am Dienstag den Plan der EU-Kommission, bestehende Mengenbeschränkungen aufzuheben. Für niederländische Fischer, die die umstrittene Methode großflächig einsetzen, um etwa Schollen und Seezungen zu fangen, ist das Votum ein Rückschlag. Allerdings muss sich das Parlament noch mit den Mitgliedstaaten einigen, die die Pulsfischerei weiterhin zulassen wollen.

Der Abstimmung war eine heftige Lobbyschlacht vorausgegangen, die Umweltschützer für sich entschieden. Bei der Elektro- oder Pulsfischerei verursachen Elektroden an den Schleppnetzen bei am Meeresboden lebenden Plattfischen und Krabben eine Muskelverkrampfung, die sie in die Netze treibt. Bis 2006 war die Methode in der EU verboten, seither sind Ausnahmen zugelassen, vor allem für Forschungszwecke, beschränkt auf fünf Prozent jener Boote, die Schleppnetze verwenden, und nur im südlichen Teil der Nordsee. Befürworter halten die Methode für umweltfreundlich, weil anders als bei konventioneller Flachfischfischerei nicht der ganze Meeresboden mit den Schleppnetzen umgepflügt wird, um die Tiere aufzuscheuchen. Die Boote brauchten auf diese Weise viel weniger Sprit, und es entstehe auch weniger unerwünschter Beifang. Das UN-Meeresforschungsinstitut Ices bestätige diese Argumente, sagte EU-Fischereikommissar Karmenu Vella.

Kritiker halten die Methode für brutal und noch nicht ausreichend erforscht, insbesondere was die Folgen für Haie oder Rochen betrifft, die sensibel sind für elektrische Impulse. Außerdem sei die Pulsfischerei so effizient, dass zu viel Fisch aus dem Meer gezogen werde. Nicht zuletzt gefährde dies die Existenz handwerklich arbeitender Fischer mit kleinen Booten. Allerdings verwenden der Kommission zufolge nur 84 niederländische Fangschiffe mit Elektroden ausgestattete Netze, das seien 0,1 Prozent der 85 000 Schiffe in der EU. In einem Brief an die Kommission hatten mehrere NGOs ein Verbot gefordert. "Umweltfreundlich" sei die Methode höchstens im Vergleich mit der "verheerendsten Praxis überhaupt", den Bodenschleppnetzen.

Hinter den Umweltaspekten steckt ein ökonomischer Disput. Vor allem Franzosen bekämpfen die Elektrofischerei vehement. Ihre Flotte gilt als überaltert, während die Niederländer sehr viel Geld - auch reichlich EU-Fördermittel - in die Entwicklung der neuen Methode investiert haben. In der Debatte vor der Abstimmung prallten die Ansichten aufeinander. Der französische Grüne Yannick Jadot nannte die Pulsfischerei eine "Massenvernichtungswaffe" und "Schande für die Menschheit". Sein niederländischer Fraktionskollege Bas Eickhout, der als engagierter Umweltschützer gilt, verteidigt die Methode hingegen. Die niederländische Christdemokratin Annie Schreijer-Pierik sprach von einem "Unglück" für die Fischer ihres Landes, das Einkommen von 400 Familien sei in Gefahr.

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