Europäische Bankenunion:EU einigt sich auf Rechtsgrundlage für Bankenaufsicht

Ab Herbst kommenden Jahres werden 130 Großbanken der Euro-Zone direkt von der EZB kontrolliert. Das soll neue Schieflagen von Geldhäusern verhindern.

Die neue europäische Bankenaufsicht kann in etwa einem Jahr die Arbeit aufnehmen. Die EU-Finanzminister gaben am Dienstag in Luxemburg endgültig den Startschuss für den Aufbau der Kontrollbehörde. Die bei der Europäischen Zentralbank (EZB) angesiedelte Aufsicht soll mit mehreren Hundert Mitarbeitern die etwa 130 größten Banken der Euro-Zone direkt überwachen. Sie ist ein wichtiger Baustein der europäischen Bankenunion. Der Arbeitsbeginn ist für November 2014 geplant.

Mit dem Aufbau der Bankenunion zieht die EU die Lehren aus der Finanzkrise. Künftig soll es nicht mehr möglich sein, dass in einer Bank faule Kredite liegen, die auch Finanzinstitute in anderen Ländern ins Wanken bringen. Zudem sollen Steuerzahler nach Möglichkeit nicht mehr mit Milliardenbeträgen die Pleite von Banken abwenden müssen.

"Die EZB hat jetzt die Rechtsgrundlage, um bei den Arbeiten für den Aufbau der Bankenaufsicht bei der EZB zügig voranzugehen", sagte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). "Die EZB arbeitet ja mit Hochdruck daran, das ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Bankenunion." Nun müssten auch die weiteren rechtlichen Regelungen für den Aufbau der weiteren Teile der Bankenunion "so rasch wie möglich" entschieden werden.

ESM-Hilfszahlungen nach deutscher Rechtslage nicht möglich

Dazu gehört auch die Frage, ob und in welchem Fall in Zukunft Geldmittel aus dem ESM-Rettungsschirm zur Rettung bedrohter Banken eingesetzt werden. Der Chef der Euro-Gruppe und niederländische Finanzminister Jeroen Dijsselbloem sagte am Dienstag in Luxemburg, dies sei "unter außergewöhnlichen Umständen" schon möglich, bevor die Europäische Zentralbank voraussichtlich im November 2014 die Aufsicht über die etwa 130 wichtigsten Banken der Euro-Zone übernehme. Der offizielle Arbeitsbeginn der Bankenaufsicht galt bisher als frühester Zeitpunkt, von dem an direkte ESM-Zahlungen an Banken möglich sein werden.

Die Bundesregierung widerspricht der Darstellung Dijsselbloems. "Die Vorstellung, dass man so ganz schnell wie manche denken, womöglich zur direkten Bankenrekapitalisierung kommt, die ja mit der deutschen Gesetzeslage gar nicht übereinstimmt, ist allenfalls durch Unkenntnis zu erklären", sagte Schäuble. "Die Unkenntnis entschuldigt sich aber nur, indem man gelegentlich nicht genau zugehört hat. Ich habe es oft genug gesagt, wie die Rechtslage ist."

Schäubles Sprecher teilte mit, das Instrument der direkten Bankenrekapitalisierung existiere noch gar nicht und könne nur mit deutscher Zustimmung im ESM-Gouverneursrat geschaffen werden. Dafür müsse in Deutschland ein Gesetz verabschiedet werden, zudem sei jede direkte Bankenrekapitalisierung durch den ESM von der Zustimmung des Bundestags abhängig. Der luxemburgische Finanzminister Luc Frieden sagte zu der Möglichkeit einer direkten Bankenrekapitalisierung: "Ich glaube nicht, dass das heute möglich ist, aber das ist eine Option, die wir machen sollten."

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