Europa:Wie London Steueroasen schützt

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Zusagen der Britischen Jungferninseln werden von den EU-Staaten als "ausreichend" eingestuft. (Foto: Todd VanSickle/AP)
  • Die EU-Finanzminister wollen an diesem Dienstag eine neu überarbeitete schwarze Liste mit Steueroasen verabschieden.
  • Auch die Britischen Jungferninseln sollten ursprünglich auf die Liste gesetzt werden.
  • Nach längerem Streit gelang es Großbritannien, den Widerstand Deutschlands und Frankreichs zu brechen.

Von Alexander Mühlauer, Brüssel

Das Vereinigte Königreich hat die Britischen Jungferninseln davor bewahrt, von der Europäischen Union auf die schwarze Liste mit Steueroasen gesetzt zu werden. Das geht aus Dokumenten der dafür zuständigen EU-Gremien hervor, die der Süddeutschen Zeitung vorliegen. Nach einem längeren Streit gelang es Großbritannien, den Widerstand Deutschlands und Frankreichs zu brechen - und schließlich deren Bedenken auszuräumen.

Die Inselgruppe in der Karibik gehört zum britischen Überseegebiet. Laut Regierung sind dort mehr als 400 000 Briefkastenfirmen registriert. Auch die in den Panama Papers aufgeflogene Rechtsanwaltskanzlei Mossack Fonseca hatte mehr als die Hälfte ihrer Offshore-Unternehmen auf den Jungferninseln angemeldet.

Die EU-Finanzminister wollen an diesem Dienstag eine neu überarbeitete schwarze Liste verabschieden. Gemäß Beschlussvorlage wird die Europäische Union drei Staaten bescheinigen, sich in Steuerfragen "kooperativ" zu verhalten: Bahrain, St. Lucia und den Marshallinseln. Gleichzeitig sollen drei Gebiete als Steueroasen eingestuft werden, die bisher mit Rücksicht auf Sturmschäden in der Karibik verschont worden waren: die Bahamas, die Amerikanischen Jungferninseln sowie St. Kitts und Nevis.

"Die Briten schützen die Super-Steueroase Jungferninseln"

Die Zusagen der Britischen Jungferninseln werden von den EU-Staaten hingegen als "ausreichend" eingestuft. Dieser Entscheidung war "eine intensive Diskussion (...) zwischen Deutschland, Frankreich, Italien und Großbritannien" vorausgegangen, heißt es in einem diplomatisch formulierten Vermerk. Das für den Beschluss nötige Schreiben der Jungferninseln ging allerdings erst kurz vor der entscheidenden Sitzung ein und wurde währenddessen geprüft. Zwei Tage zuvor hatte es noch geheißen, dass "lediglich Großbritannien" die bisherigen Zusagen als "ausreichend" empfunden habe. In einem Brief an die EU hatte Premierminister Orlando Smith erklärt, dass es "niemals die Absicht" der Jungferninseln gewesen sei, "ein potenziell schädliches Steuerregime zu betreiben".

Der britische Vertreter warf die Frage auf, wie man mit weiteren eingehenden Briefen bis zum Treffen der EU-Finanzminister umgehen solle, und plädierte dafür, diese aus Gründen der "Fairness" zu prüfen. Deutschland und Frankreich sprachen sich dagegen aus. Als das entsprechende Schreiben kurz vor der entscheidenden Sitzung eintraf, änderten beide Staaten ihre Haltung und stimmten einer Prüfung zu. "Die Briten schützen die Super-Steueroase Jungferninseln", sagte der Bundestagsabgeordnete Fabio De Masi (Linke). Die Bundesregierung müsse endlich gemeinsam mit willigen EU-Staaten Quellensteuern auf Finanzflüsse in Steueroasen erheben - auch innerhalb der EU, forderte er.

Diplomatische Verwicklungen mit den USA könnte die Tatsache auslösen, dass die EU die Amerikanischen Jungferninseln auf die schwarze Liste setzen will. Die US-Regierung hatte Brüssel bereits Anfang März in einer E-Mail vor einer "unnötigen und kontraproduktiven Drohung" gewarnt.

© SZ vom 13.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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