Europa kommt aus der Rezession:Ächzen und jubeln

Käufer in Griechenland - Wirtschaftswachstum in der Euro-Zone

Die Zuversicht in Europa wächst: Die längste Rezession in der Geschichte der Euro-Zone könnte überwunden sein (Kundinnen vor einem Schuhgeschäft in Athen)

(Foto: Bloomberg)

Man soll diese Zahl nicht größer machen als sie ist - aber auch nicht kleiner: Die Wirtschaft in der Euro-Zone wächst um 0,3 Prozent. Immerhin. Damit ist die Euro-Krise zwar noch lange nicht ausgestanden, aber es ist ein wichtiges Signal. Warum? Weil in der Wirtschaft Hoffnung oft wichtiger ist als Wirklichkeit. Deutschland hingegen könnte bald wieder in der Realität landen.

Ein Kommentar von Hans von der Hagen

Die Deutschen haben sich schon immer etwas schwer getan mit der Euro-Krise. Man diskutiert gern darüber, sinniert tapfer über das Auseinanderbrechen der Euro-Zone und schimpft auf die bösen Staaten, die unser Geld verprassen. Nur eines tun die Deutschen nicht: unter der Euro-Krise leiden. Im Gegenteil, selbst wenn nicht alles zum Besten steht, so ist doch von allem noch reichlich da: Geld, Arbeit und auch Urlaub.

In anderen Ländern der Euro-Zone ist das nicht der Fall. Dort hat die Krise viele schwer getroffen; zahllose Unternehmen gingen pleite, Arbeitsplätze wurden vernichtet und Existenzen zerstört. Dort ist die Krise jeden Tag als scheinbar nicht enden wollender Albtraum spürbar.

Vielleicht verändert sich daran nun etwas, jedenfalls geben die jüngsten Zahlen aus der Euro-Zone Anlass zur Hoffnung: Erstmals seit Herbst 2011 geht es mit der Wirtschaft wieder aufwärts. Konkret: Im zweiten Quartal, also in der Zeit von April bis einschließlich Juni, wuchs die Wirtschaft in der Euro-Zone im Vergleich zum ersten Quartal um 0,3 Prozent. Um den gleichen Betrag legte übrigens auch die Wirtschaft aller 28 EU-Staaten zu. Damit könnte die längste Rezession in der noch jungen Geschichte der Euro-Zone überwunden sein.

Nicht ganz so erfreulich sieht es aus, wenn das zweite Quartal 2013 mit dem zweiten Quartal des Vorjahres verglichen wird. Dann zeigt sich: Die Wirtschaft ist, gemessen an 2012, noch weiter zurückgefallen - um 0,7 Prozent.

Wichtig ist trotzdem, dass es nun überhaupt mal Anzeichen gibt, dass sich in Europa etwas tut. Zwar ist das Wachstum vor allem kräftigen Zuwächsen in Deutschland und Frankreich geschuldet und die Lage in Griechenland noch immer deaströs, doch zumindest in Spanien und Italien verbessert sich die Lage zusehends. Das Wirtschaftswachstum beider Staaten liegt nur noch leicht im Minus. In Portugal ging es sogar mit Schwung nach oben - dort legte das Bruttoinlandsprodukt gleich um 1,1 Prozent zu. Kein Land in Europa wächst derzeit so schnell.

In der Wirtschaft zählen solche Signale meist mehr als die tatsächlichen Zahlen. Sie setzen ein Umdenken in Gang, das die positiven Entwicklungen verstärken kann. Das bedeutet, dass Unternehmen und Investoren wieder vermehrt Geld in die Krisenländer stecken dürften, um dort vom sich abzeichnenden Wachstum zu profitieren.

Die Euro-Krise ist deswegen noch lange nicht vorbei. Aber deutlicher als in den vergangenen Monaten zeigt sich nun, dass der Aufschwung in Europa, den die Finanzmärkte schon seit vergangenem Herbst euphorisch vorwegnehmen, nun einsetzt.

Auch für die Deutschen, die mit ihrer Kreditwürdigkeit Europa durch die Krise retten helfen, sind das gute Nachrichten. Und doch könnte sich auf absehbare Zeit etwas ändern. Das ganze Geld, das ängstliche Investoren während der Krise in die scheinbar sichere Bundesrepublik lenkten, könnte bald wieder in lukrativere, weil wachstumsfreudigere, Regionen fließen.

Dann werden alle jene das Nachsehen haben, die darauf setzten, dass sich der Boom in Deutschland endlos fortsetzen würde. Gut möglich, dass es dann tatsächlich etwas zu schimpfen gibt.

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