Euro-Zone:Lagarde schlägt Schlechtwetter-Fonds vor

Euro-Zone: Christine Lagarde leitete lange den Internationalen Währungsfonds in Washington. Nun soll sie an die Spitze der EZB wechseln.

Christine Lagarde leitete lange den Internationalen Währungsfonds in Washington. Nun soll sie an die Spitze der EZB wechseln.

(Foto: Odd Andersen/AFP)

Die Euro-Länder sollen dafür 0,35 Prozent der Wirtschaftsleistung einzahlen.

Die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, macht sich für einen milliardenschweren "Schlechtwetter-Fonds" stark, der die Eurozone stabilisieren soll. Jedes Euro-Land solle pro Jahr 0,35 Prozent seines Bruttoinlandsprodukts (BIP) dort einzahlen, sagte sie am Montag bei einer Rede des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin. Im Falle Deutschlands wären das etwa elf Milliarden Euro pro Jahr. Für relativ geringere Kosten könnte damit die Gefahr unkontrollierbarer Verwerfungen deutlich reduziert werden, sagte Lagarde. Ein Sprecher von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) sagte dazu, man müsse sich erst die Details anschauen.

In der Vergangenheit war die EU schlecht gerüstet für Finanz- und Schuldenkrisen wie in Griechenland - was am Ende die Steuerzahler teuer zu stehen kommen kann. Die Euro-Länder vereinbarten dann 2012 den dauerhaften Rettungsfonds ESM als Nachfolger des befristeten Schutzschirmes EFSF. Der ESM kann maximal Finanzhilfen in Höhe von rund 500 Milliarden Euro vergeben, sein Stammkapital liegt bei mehr als 700 Milliarden Euro. Möglich sind Hilfskredite, vorsorgliche Programme sowie Mittel, um Banken zu stärken. Hilfen für Euro-Länder sind auch an Reformauflagen gebunden. Aktuell gibt es eine Debatte darüber, den ESM zu einem Europäischen Währungsfonds (EWF) auszubauen.

IWF-Chefin Lagarde betonte, zwar sei das Wachstum mit erwarteten 2,2 Prozent für die Eurozone im fünften Jahr stabil. "Aber da sind andere starke Gegenwinde. Denken Sie an den Aufstieg des Populismus und die ertönenden Sirenen des Protektionismus", sagte sie. Der IWF-Vorschlag für einen neuen Krisenfonds und eine bessere finanz- und steuerpolitische Zusammenarbeit sieht vor, dass der Fonds mit jährlichen Beiträgen - eben jenen 0,35 Prozent des BIP - finanziert wird, "um Rücklagen in guten Zeiten aufzubauen und Unterstützungstransfers für bestimmte Länder in schlechten Zeiten leisten zu können". Träten bestimmte Krisenszenarien ein, könnten die Krisenmittel fließen.

In guten Zeiten sollen Rücklagen für Krisenzeiten aufgebaut werden

Für außerordentlich große, die ganze Währungsunion erfassende Probleme könnte eine Kreditaufnahme-Option geschaffen werden, schlug Lagarde weiter vor. Entscheidend sei, dass die neue Hilfseinrichtung nicht bei strukturbedingten Krisen von Euro-Ländern einspringe. Dafür sei nach wie vor der Euro-Rettungsfonds ESM zuständig.

Die Idee für einen solchen Krisenfonds ist an sich nicht neu, wohl aber das konkrete Volumen. Lagarde erinnerte an Krisen wie den Zusammenbruch mehrerer Banken 2008 und die folgende Schaffung von Stabilisierungsfonds wie den aktuellen ESM, der bisher bei Schieflagen Euro-Länder mit Krediten und Bürgschaften vor einer Pleite bewahren soll.

Lagarde betonte, Vorsorge sei immer günstiger als hinterher zu bezahlen. Daher unterstütze sie auch die Idee einer verbesserten Bankenunion in Europa mit klaren Regeln, um Zusammenbrüchen und Fehlmanagement künftig besser vorzubeugen.

Bereits im vergangenen Jahr hatte der Chefs des Euro-Rettungsfonds ESM, Klaus Regling, einen neuen Krisenfonds ins Spiel gebracht. Als Größenordnung nannte er damals einen Betrag in Höhe von ein bis zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts der Euro-Zone - bis zu einer Summe von 200 Milliarden Euro. Bei der Finanzierung könne man sich auch an den USA orientieren, sagte er dem Handelsblatt. Die US-Bundesstaaten haben sogenannte "rainy-day-funds" ("Regentage-Fonds") mit Beiträgen aus ihren Landeshaushalten gefüllt, um gegen Krisen gewappnet zu sein.

Derzeit wird intensiv über eine Reform der Eurozone - dazu gehören 19 von 28 EU-Staaten, die den Euro als Währung eingeführt haben - diskutiert. Besonders Frankreichs Präsident Emmanuel Macron pocht darauf, im Juni wollen er und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) beim nächsten EU-Gipfel erste Pläne dafür vorlegen. Umstritten ist besonders eine stärkere Banken-Kooperation.

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