Wirtschaft kompakt:Sie streiken, sie streiken nicht

Gute Nachricht für Pendler: Die Lokführer wollen den morgendlichen Berufsverkehr am Mittwoch nicht bestreiken. Was am Nachmittag geschieht, ist indes offen. Außerdem: EU verschärft den Stabilitätspakt. Das Wichtigste aus der Wirtschaft.

Pendler können am Mittwochvormittag mit dem Zug zur Arbeit fahren. Die Lokführer werden den deutschen Schienenverkehr frühestens am Nachmittag wieder bestreiken. Bis Dienstagabend, 24 Uhr, will die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer auf ein Angebot der Arbeitgeberseite warten. "Und wir bleiben dabei, dass wir Streiks rechtzeitig zwölf Stunden vorher ankündigen", sagte ein GDL-Sprecher.

GDL Union Launches Nationwide Rail Strike

Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer will bis Dienstag, 24 Uhr, auf ein Angebot der Deutschen Bahn und ihrer konkurrenten warten. Etwaige Streiks werden anschließend zwölf Stunden im Voraus angekündigt.

(Foto: Getty Images)

Am Mittwoch wird auch eine erste Gerichtsentscheidung in dem Tarifkonflikt erwartet. Das Arbeitsgericht Kiel entscheidet über den Antrag der privaten Nord-Ostsee-Bahn (NOB). Diese will per einstweiliger Verfügung künftige GDL-Streiks verbieten. Die NOB argumentiert, sie sei aus dem Arbeitgeberverband ausgetreten und verhandele generell nicht über einen bundesweiten Tarifvertrag, wie ihn die GDL anstrebt.

Das Unternehmen Veolia Verkehr Sachsen-Anhalt zog einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung beim Arbeitsgericht Magdeburg derweil wieder zurück, ohne Gründe dafür zu nennen. Andere Bahnbetreiber, darunter Keolis, Abellio und die Hessische Landesbahn prüfen nach eigenen Angaben derzeit rechtliche Schritte gegen die GDL. Sollte ein Gericht eine einstweilige Verfügung erlassen, dürfte das betroffene Unternehmen nicht mehr bestreikt werden.

"Daran werden wir uns halten. Aber ich gehe nicht davon aus, dass die Arbeitgeberseite mit dieser Taktik erfolgreich ist", sagte der GDL-Vorsitzende Claus Weselsky der Welt.

EU verschärft Stabilitätspakt

Defizitsünder in der EU müssen künftig mit härteren und schnelleren Strafen rechnen. Die EU-Finanzminister einigten sich auf einen strengeren Euro-Stabilitätspakt, berichtete die ungarische EU-Ratspräsidentschaft. "Alle Probleme wurden gelöst, die Zustimmung aller Mitgliedstaaten steht fest."

Das EU-Parlament muss dem Kompromiss bis zum Sommer noch zustimmen. Auf dem Tisch der Ressortchefs lag ein Paket mit sechs Gesetzen. Die EU zieht mit der verstärkten Schuldenaufsicht eine Konsequenz aus der gefährlichen Schuldenkrise, die Euro-Länder wie Griechenland oder Irland an den Rand des finanziellen Abgrunds brachte. Im Stabilitätspakt sind bereits jetzt schon Geld-Strafen vorgesehen, die in der Praxis aber nie verhängt wurden.

Die Defizit-Höchstmarke von drei Prozent der Wirtschaftsleistung bleibt im neuen Pakt bestehen. Deutlich mehr Gewicht wird aber auf die gesamtstaatliche Verschuldung gelegt, die nach den EU-Regeln 60 Prozent der Wirtschaftsleistung nicht überschreiten darf. Falls gegen ein Land ein Defizitverfahren verhängt wird, muss der Schuldensünder ein Pfand von 0,2 Prozent der Wirtschaftsleistung hinterlegen.

Für Deutschland wären dies beispielsweise rund fünf Milliarden Euro. Diese Sicherheitsleistung kann im Fall einer gescheiterten Budgetsanierung in eine Geldbuße umgewandelt werden. Die Verschärfung des Euro-Stabilitätspakts ist ein Schlüsselelement eines Gesamtpakets zur Euro-Absicherung, das von den EU-Staats- und Regierungschefs beim Gipfel Ende nächster Woche geschnürt werden soll.

Höhere Ziele bei BMW

BMW setzt seine Rekordjagd fort. Dank des Booms in den Schwellenländern Lateinamerikas und Asiens sollen 2011 "deutlich mehr" als 1,5 Millionen Autos verkauft werden, kündigte Vorstandschef Norbert Reithofer auf der Bilanzpressekonferenz an.

"2011 betrachten wir als das Jahr der Chancen", sagte Reithofer. Der bisher höchste Vorsteuergewinn von 4,84 Milliarden Euro aus dem Jahr 2010 soll übertroffen werden. Bei der operativen Rendite peilt der Konzern mehr als acht Prozent an. Ab 2012 soll sie sogar acht bis zehn Prozent betragen.

Auch das Erdbeben in Japan bremst den Optimismus nicht. Das Land zähle mit knapp 44.000 verkauften Autos pro Jahr für BMW zwar zu den wichtigsten zehn Märkten weltweit. Noch seien die Auswirkungen des Bebens aber nicht absehbar. Erst in den kommenden sieben bis zehn Tagen könne BMW absehen, ob Probleme bei der Zulieferung elektronischer Bauteile entstehen könnten. An der Börse gab die BMW-Aktie analog zum Leitindex Dax am Dienstag wegen des Erdbebens in Japan und der steigenden Gefahr einer radioaktiven Verseuchung durch die beschädigten Kernkraftwerke mehr als vier Prozent nach.

In Ägypten, wo ein Montagewerk von BMW wegen der Unruhen etwa eine Woche still stand, laufe die Produktion aber wieder normal. In China rechnet BMW im laufenden Jahr mit etwas geringeren Zuwächsen als 2010. Angesichts des erwarteten Wachstums in Schwellenländern prüft der Konzern den Bau von Werken in Ländern wie Brasilien, Russland, Indien, Korea oder der Türkei.

Aber auch in die deutschen Standorte in München, Leipzig, Dingolfing und Regensburg will BMW in den kommenden beiden Jahren über zwei Milliarden Euro investieren, um sie für die Produktion neuer Modelle vorzubereiten.

Problematisch für das Unternehmen sind weiterhin die steigenden Rohstoffpreise, die im laufenden Jahr im niedrigen dreistelligen Millionenbereich zu Buche schlagen werden. Das dürfte der Konzern aber durch positive Währungseffekte in der selben Größenordnung kompensieren können.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: