Euro-Krise:Portugal findet wieder Geldgeber

Die Skepsis an der Euro-Rettung ist groß, doch nun ist ein Erfolg in Sicht: Nach Irland könnte Portugal das nächste Krisenland werden, dem Investoren wieder vertrauen. Allerdings gibt es auch Rückschläge.

Alexander Hagelüken, Thomas Urban, Madrid

Im Grunde hat Portugal noch Zeit: Dank der Hilfskredite des Rettungsschirms ist der südeuropäische Euro-Staat erst in gut einem Jahr wieder darauf angewiesen, sich durch private Investoren zu finanzieren. Doch die Regierung testet schon mal, wie sie am internationalen Kapitalmarkt ankommt. Und wenn sich der Trend bestätigt, bahnt sich hier inmitten all der Skepsis an der Euro-Rettung ein Erfolg an: Nach Irland könnte Portugal das nächste Krisenland werden, dem Investoren wieder vertrauen - damit wäre nur noch Griechenland voll von Europas Steuerzahlern abhängig.

Als Finanzminister Vito Gaspar Investoren im April Anleihen mit eineinhalb Jahren Laufzeit anbot, musste er dafür noch teure Zinsen von 4,5 Prozent bezahlen. Ganz anders die Situation Mitte dieser Woche: Für die Papiere wurden weniger als drei Prozent Zinsen fällig. Insgesamt nahm der Finanzminister zwei Milliarden Euro ein, deutlich mehr als geplant - bei den Auktionen gab es bis zu drei Mal so viel Nachfrage wie Angebot.

Dividende der Anstrengungen im Land

Wirklich geschafft hat es Portugal erst, wenn es Papiere mit längeren Laufzeiten wie fünf oder zehn Jahre los wird, die einem Land Sicherheit bei der Finanzierung geben. Doch der Stimmungstest ist mehr als eine Laune des Moments und mehr als eine Folge der angekündigten Anleihenkäufe der Europäischen Zentralbank, die Portugal erstmal nicht betreffen: Es ist eine Dividende der Anstrengungen im Land. Während Griechenland oder Spanien die Schlagzeilen beherrschen, arbeitete Portugal still an seiner Zukunft.

"Es ist einiges an Reformen passiert", analysiert Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank. So waren die Lohnstückkosten in der ersten Euro-Dekade in Portugal wie in allen Krisenstaaten ungesund gestiegen. Die Hälfte dieses Konkurrenznachteils aber hat das Land inzwischen aufgeholt. Und: "Anders als in Italien steigen die Löhne kaum noch, das verbessert die Wettbewerbsposition", weiß Krämer. Als Pluspunkt sieht er auch die Arbeitsmarktreformen im Land. Vor der Krise musste eine Firma sehr hohe Abfindungen zahlen, auch Abweichungen vom Tarifvertrag waren kaum möglich - was alles dazu führte, dass Betriebe mit Einstellungen vorsichtig waren.

"Die Ergebnisse sind ermutigend"

Deutlich verbessert haben sich auch die Rahmenbedingungen für Unternehmen. Bei einer regelmäßigen Studie der Weltbank, wie leicht Betriebe ihr Recht durchsetzen können, ihr Geschäft ohne Bestechung betreiben können und anderes, schnitt das Land jahrelang schlecht ab. Inzwischen hat es sich im Urteil der Weltbank-Prüfer sogar knapp vor die Bundesrepublik geschoben. Auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble findet Lob für das kleine Land: "Die Ergebnisse sind ermutigend", sagte er diese Woche nach einem Treffen mit seinem portugiesischen Amtskollegen. Finanzminister Gaspar spricht von "enormen Verbesserungen" der Wirtschaftslage als Folge des Sparpakets der Mitte-Rechts-Regierung.

Allerdings gibt es auch Rückschläge. So war Portugal lange Zeit erfolgreich bei der Sanierung der Staatsfinanzen. Inzwischen hat die Rezession die Steuereinnahmen aber so stark reduziert, das Gaspar mit den Verpflichtungen gegenüber den Helfer-Staaten nicht mehr hinterherkommt. Das Sanierungsprogramm ist inzwischen bis 2014 verlängert worden, das Land erhielt mehr Zeit, sein Defizit wieder auf das EU-Limit zu drücken.

Mehrere Hunderttausend protestieren gegen Kürzungen

Ärger droht auch von der eigenen Bevölkerung: Am Wochenende protestierten mehrere Hunderttausend Portugiesen in Lissabon und anderen Städten gegen die Kürzungen bei den Sozialleistungen und im Gesundheitswesen. Die Gewerkschaften drohen mit einem weiteren Generalstreik noch in diesem Herbst.

Portugal war 2011 unter den Rettungsschirm geschlüpft. Das Land nützt unter strengen Auflagen ein Finanzpaket aus Mitteln der Europäischen Union und des Internationalen Währungsfonds in Höhe von insgesamt 78 Milliarden Euro. Eine Schwäche war lange, dass Portugal kaum hoch entwickelte Produkte hat, die es auf den Weltmarkt exportieren könnte. Um das zu ändern, müsste das bis in die Siebziger Jahre autoritär regierte Land vor allem sein Bildungssystem modernisieren, das anderen Staaten hinterherhinkt.

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