Euro-Krise: Außenhandels-Präsident:"Gift für die Wirtschaft"

Ein schwacher Euro müsste die deutsche Wirtschaft freuen - oder nicht? Außenhandels-Präsident Anton Börner über die Gefahren des Kursverfalls und das Krisenmanagement der EZB.

Tobias Dorfer

Der Euro fällt und fällt. Zuletzt ist die europäische Gemeinschaftswährung auf den niedrigsten Stand seit vier Jahren eingebrochen. Nutznießer dieser Entwicklung ist die exportorientierte deutsche Wirtschaft, denn die Produkte werden für Investoren außerhalb des Euroraums günstiger. Anton Börner, dem Präsidenten des Außenhandelsverbands BGA, müsste der schwache Euro als Konjunkturspritze eigentlich gelegen kommen. Doch seine Antwort überrascht.

Euro, Foto: dpa

Der Euro ist auf den tiefsten Stand seit vier Jahren eingebrochen.

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sueddeutsche.de: Herr Börner, der Euro ist in den vergangenen Wochen drastisch eingebrochen. Während Jean-Claude Trichet, der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), von der "schwierigsten Situation seit dem Zweiten Weltkrieg" spricht, müsste die exportorientierte deutsche Wirtschaft eigentlich jubeln.

Anton Börner: Nein, ich juble gar nicht. Das ist eine Milchmädchenrechnung, die meistens nicht aufgeht. Kurzfristig mag der schwache Euro zwar eine gewisse Entspannung bringen, weil Produkte made in Germany im Welthandel günstiger werden. Aber man darf nicht vergessen, dass Deutschland auch einer der weltgrößten Importeure ist. Und da Rohstoffe in Dollar bewertet werden, wird der Einkauf sehr teuer für uns.

sueddeutsche.de: Vor sieben Jahren - damals war der Euro gerade über die Marke von 1,10 Dollar gestiegen - sagten Sie noch: "Ein Kurs von 1,10 Dollar, das tut dem Außenhandel weh." Gilt diese Aussage nicht mehr?

Börner: Unser eigentliches Problem ist nicht, dass der Euro an Wert verliert, sondern die Geschwindigkeit sowie die heftigen und unerwarteten Bewegungen.

sueddeutsche.de: Gegen solche Währungsschwankungen können sich Unternehmen absichern.

Börner: Aber nur bis zu einem gewissen Punkt. Gegen derart unerwartete und heftige Bewegungen, wie wir sie derzeit erleben, ist eine Absicherung nahezu unmöglich. Hinzu kommt, dass diese Sicherungsgeschäfte auch ein Grund für den fallenden Euro sind. Der Sinkflug des Euro ist ja nicht ein Resultat dunkler Geschäfte von irgendwelchen Hedgefonds. Nein, die Realwirtschaft muss sich gegen weiter sinkende Kurse absichern. So haben wir einen sich selbst verstärkenden Prozess, der sich noch verschärfen wird.

sueddeutsche.de: Welche Folgen hat das?

Börner: Problematisch wird es, wenn das Vertrauen in die europäische Währung verloren geht. Das werden wir spüren, denn ausländische Unternehmen werden dann weniger bei uns investieren. Außerdem wird die EZB die Zinsen anheben müssen, um den Euro für Investoren attraktiver zu machen. Und höhere Zinsen sind, gerade in dieser fragilen Konjunkturlage, Gift für die deutsche Wirtschaft.

sueddeutsche.de: Welcher Euro-Kurs wäre denn für Sie ideal?

Börner: Es gibt keine Schmerzgrenze. Wichtig ist nur, dass wir wieder Stabilität in die Märkte bekommen.

sueddeutsche.de: Stabilität ist auch das Ziel der EZB. Um die Währungsunion zu retten, bricht sie sogar mit einem Tabu und kauft Ramsch-Anleihen hochverschuldeter Eurostaaten. Ist das der richtige Weg?

Börner: Das ist Gift. Wir werfen bestes Geld dem schlechten hinterher. Griechenland wird seine Schulden nie bezahlen können. Am Ende wird daher doch eine Umschuldung kommen. Dann besser gleich. Dies würde zwar auch deutsche Banken und Versicherer belasten, aber dafür gibt es Stützungsmaßnahmen, wie den Rettungsfonds Soffin.

sueddeutsche.de: Dann zahlt der Steuerzahler wieder die Zeche. Ist es das, was Sie wollen?

Börner: Er zahlt sie wenigstens nur einmal. Im Moment zahlt er sie über die EZB-Hilfen und später über die Umschuldung, um die wir nicht herumkommen werden. Wenn wir Pech haben, dann müssen die Steuerzahler sogar noch ein drittes Mal zahlen - wenn wir in eine Verunsicherungsspirale mit Inflationsgefahr hineinkommmen. Daher: Umschulden und zwar sofort! Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende.

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