Euro-Fonds:Warum der ESM keine Banken retten soll

Die Politik soll nie wieder "alternativlos" sein. Deshalb wird nun die Bankenunion geschaffen, um festzulegen, wer haftet, wenn eine Bank wankt. Doch Europas Politiker sind gerade wieder dabei, sich erpressbar zu machen.

Ein Kommentar von Simone Boehringer

In der Finanzkrise haben die Banken die Politik in Europa erpresst: Als nach der Pleite der amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers binnen weniger Wochen ein Institut nach dem anderen in Not geriet, sahen Europas Politiker keine Wahl - sie retteten die Banken. Ihr Handeln sei, wie Kanzlerin Angela Merkel immer wieder betonte, "alternativlos". Danach schworen sich alle: Künftig sollten sie nie wieder in eine solche Zwangssituation geraten, nie wieder erpressbar sein, nie wieder ohne Alternative sein.

Deshalb wird nun die Bankenunion geschaffen; deshalb werden Europas 130 oder 140 große Banken künftig von einer zentralen Aufsichtsbehörde überwacht, nicht mehr von den nationalen Aufsehern; und deshalb gibt es auch einen klaren Plan, wer künftig haftet, wenn eine Bank wankt - erst ganz am Ende soll der Steuerzahler einspringen.

Alles klar also? Leider nein. Europas Politiker sind nämlich gerade wieder dabei, sich erpressbar zu machen. Denn viele von ihnen drängen darauf, dass künftig auch der europäische Rettungsfonds ESM notfalls direkt den Banken helfen soll - ein Fonds, der eigentlich geschaffen wurde, um Krisenstaaten wie Griechenland oder Portugal Nothilfen zu gewähren. Der ESM verfügt über 700 Milliarden Euro, um sein Mandat zu erfüllen, der deutsche Steuerzahler haftet mit 190 Milliarden Euro.

Sollte der ESM nun aber nicht nur Staaten retten, sondern auch Banken helfen, würde er schnell unter Druck geraten - dann würden einzelne Staaten versuchen, die Probleme ihrer Geldhäuser auf den Fonds abzuwälzen, anstatt diese dazu zu bringen, ihre Geschäfte zu beenden und damit ihre Aktionäre zur Kasse zu bitten.

Letzteres ist bisher nicht in ausreichendem Maße geschehen: Auch fünf Jahre nach dem Ausbruch der Finanzkrise ist die Bilanzsumme der europäischen Finanzbranche nicht ausreichend geschrumpft. In den von der Krise am stärksten betroffenen Ländern sind die Risiken in den Bankbüchern bis zu dreimal höher als die Staatsschulden - sie übertreffen auch die jährliche Wirtschaftsleistung bei Weitem. Das liegt übrigens auch daran, dass die Banken meist in großem Umfang Staatsanleihen ihrer Heimatländer kaufen.

Übernimmt künftig der ESM direkt die Rolle des Bankenretters, ist zwar den verschuldeten Staaten geholfen - sie können weiterhin ihre Anleihen an die nationalen Geldinstitute verkaufen. Auch der Europäischen Zentralbank ist geholfen - die Notenbanker können ihre kurzfristigen Hilfen für die Banken zurückfahren und damit Risiken abbauen.

Nur einer Gruppe hilft diese Politik nicht: den Steuerzahlern. Sie garantieren für die Kredite, die der ESM vergibt. Ohnehin gibt es schon große Zweifel, ob die Befugnisse des ESM nicht viel zu weit reichen - wenn der Fonds auch noch Banken hilft, bekommt er zu viel Macht. Und das könnte schnell teuer werden: Denn der ESM kann Regierungen vorschreiben, Geld nachzuschießen, wenn seine Mittel für die Rettungsmaßnahmen nicht ausreichen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: