EuGH-Urteil:Aus für teure Hotlines

Der Europäische Gerichtshof deckelt die Gebühren für Service-Nummern. Die dürfen nicht teurer sein als die Kosten für gewöhnliche Festnetz- oder Handytarife. Das verklagte Unternehmen verteidigte sich - auf ungewöhnliche Weise.

Von Jan Schmidbauer

Service-Rufnummern dürfen für Kunden, die einen Vertrag geschlossen haben, nicht teurer sein als gewöhnliche Festnetz- oder Handytarife. Das hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg entschieden.

Im konkreten Fall ging es um eine Hotline des Internet-Elektrohändlers Comtech. Dieser hatte eine 0180er-Nummer geschaltet, bei der Anrufer 14 Cent pro Minute (Festnetz) beziehungsweise 42 Cent pro Minute (Mobilfunk) zahlen mussten. Die "Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs" hatte das Unternehmen deshalb vor dem Landgericht Stuttgart verklagt. Der Vorwurf: Comtech habe mit der Hotline eine "unlautere geschäftliche Handlung" begangen und damit gegen eine EU-Richtlinie aus dem Jahr 2011 verstoßen. Diese sieht vor, dass Kunden für eine Hotline nicht mehr als den "Grundtarif" zahlen müssen - vorausgesetzt, sie haben bereits einen Vertrag mit dem jeweiligen Unternehmen geschlossen. Eines definierte die Richtlinie bisher allerdings nicht: was unter dem Begriff Grundtarif eigentlich zu verstehen ist. Das Stuttgarter Gericht wollte dies vom Europäischen Gerichtshof geklärt haben.

Nach Ansicht des Gerichts entspricht der Grundtarif im normalen Sprachgebrauch dem Preis eines gewöhnlichen Anrufs. Hotlines dürften deshalb nicht teurer sein als entsprechende Festnetz-Tarife; bei der Deutschen Telekom etwa kostet eine Festnetz-Minute derzeit 2,9 Cent. Die Richter begründeten ihre Entscheidung damit, dass die Richtlinie dem Verbraucherschutz dienen soll. Würde der Anbieter höhere Preise verlangen, könne dies Kunden davon abhalten, Informationen zu ihrem Vertrag einzuholen oder Rechte wie Gewährleistung oder Widerruf in Anspruch zu nehmen.

Das von der Klage betroffene Unternehmen verteidigte vor der Urteilsverkündung seine Praxis auf ungewöhnliche Weise. Die Hotline, die mit den Ziffern 01805 beginnt, sei ein "Gag" gewesen, teilte der Anwalt von Comtech mit. Die Nummer nach der Vorwahl ergab sich demnach automatisch, wenn man das Wort Comtech über die Buchstaben auf den Tasten des Telefons eingab. Der Anwalt betonte zudem, dass mit der Hotline nie Gewinne generiert worden sein. Auch diese Argumentation kassierten die Richter. Solange die Kosten eines gewöhnlichen Anrufs nicht überschritten werden, sei es unerheblich, ob mit der Hotline Gewinne erzielt würden. Comtech muss nach dem Urteil nichts umstellen: Die Servicenummer des Unternehmens ist inzwischen über die normale Ortsvorwahl erreichbar.

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