EU-Lampenverordnung:Die Stromfresser-Lampen kommen zurück

First Fog Of Autumn Rise In Venice

Straßenlaternen - hier am Markusplatz in Venedig - brauchen viel Strom. In Deutschland fallen knapp 300 Millionen Euro dafür an.

(Foto: Marco Secchi/Getty Images)
  • Die EU-Kommission will die Regelungen für Lampen vereinheitlichen.
  • Vorgesehen ist, dass die Regelungen zuerst gelockert werden und dann einheitlich strenger werden sollen. Dadurch könnten Lampen, die bereits vom Markt verbannt waren, vorübergehend wieder erlaubt sein.

Von Stephan Radomsky

Die Beteiligten wirken einigermaßen verwirrt. Da will die EU ihre drei unterschiedlichen Regelwerke für Lampen zusammenfassen. Das erklärte Ziel: Weniger Bürokratie, dafür einfachere und einheitliche Regeln, vor allem zur Energieeffizienz - egal ob eine Lampe im Wohnzimmer oder im Büro leuchtet. Eigentlich eine gute Sache, doch dann kommt das Kleingedruckte. Denn die Neuregelung könnte nach jetzigem Stand vorübergehend auch alte, stromfressende Lampen wieder auf den Markt bringen. Die sind in der EU eigentlich längst verbannt, wie der europäische Umweltschutz-Dachverband EEB in einer Analyse warnt.

Bereits am 7. Dezember hatte die Kommission Mitgliedsstaaten, Umweltverbände und Industrievertreter zu Beratungen gebeten, bis Montag mussten sie ihre Stellungnahmen schriftlich einreichen. Beobachter rechnen mit etwa 50 Briefen - und die dürften insbesondere eine Frage aufwerfen: Warum sollen bestehende strenge Regeln zur Energieeffizienz erst aufgeweicht werden, um sie dann zwei Jahre später wieder zu verschärfen? Und das in Bereichen, die einen großen Anteil am Stromverbrauch haben: die Beleuchtung von Straßen und die von kommerziell genutzten Innenräumen wie etwa Büros oder Ladengeschäfte.

Auch die Hersteller sind nicht begeistert

Eine Sprecherin der EU-Kommission räumte ein, dass der vorläufige Entwurf von September 2018 an "eine leichte Abschwächung der Anforderung an einige Lampen-Typen" enthalte. Damit wären laut EEB unter anderem die bereits verbannten Halophosphat-Leuchtstofflampen in Innenräumen und Quecksilberdampf-Lampen entlang der Straßen wieder zulässig - zumindest vorübergehend. Denn von September 2020 an sollen die Anforderungen dem EU-Entwurf zufolge wieder verschärft werden, dann aber gleichmäßig für alle Bereiche. Damit würden die veralteten Leuchten wieder vom Markt verbannt, heißt es.

Das soll weniger Bürokratie und faireren Wettbewerb für die Hersteller schaffen. Die scheinen von der Umsetzung allerdings ebenfalls nicht begeistert. Im Entwurf seines Antwortschreibens fordert der Branchenverband Lighting Europe jedenfalls, aktuelle Vorgaben beizubehalten, um "unnötigen Abfall und Investitionen" zu vermeiden.

Die Lockerung würde der außereuropäischen Konkurrenz Vorteile verschaffen

Das Missfallen der europäischen Industrie ist durchaus logisch: Sie hat sich auf den Bann der alten Lampen eingestellt und ist gerade dabei, ihre Produktion und das gesamte Licht-Geschäft auf die LED-Technik umzustellen. Die beiden großen europäischen Hersteller Osram und Philipps wollen ihr konventionelles Licht-Geschäft sogar ganz abspalten. Eine zwischenzeitliche Lockerung der Vorgaben würde ihnen nichts bringen, der außereuropäischen Konkurrenz aber womöglich zusätzliche Umsätze und Marktanteile verschaffen.

Der Vorschlag sei "eine gut gemeinte Vereinfachung, aber sie scheint schlecht gemacht", schreiben auch die EEB-Autoren. Das Hin und Her könnte Kommunen und Vermieter dazu verführen, lieber kurzsichtig zu sparen, statt in sparsamere Technik zu investieren. Viele alte Lampen müssten erst umgerüstet werden, bevor sie die moderne Technik nutzen können. Außerdem sind die neuen Leuchten zwar sparsamer, aber auch teurer in der Anschaffung. Eigentümer von Gewerbeimmobilien könnten ihren Mietern da lieber die höhere Stromrechnung überlassen, so die Befürchtung. Und für die oft klammen Kommunen könnte eine kurzfristige Ersparnis bei den rund 9,1 Millionen Laternen hierzulande verlockender sein als eine Ersparnis, die sich erst irgendwann auszahlt.

Die Neuregelung könnte die Stromsparziele in Gefahr bringen

Insgesamt könnte das Europas Stromsparziele gefährden: Von 2020 an sollen kommerziell genutzte Gebäude jährlich insgesamt 15 Terawatt-Stunden weniger verbrauchen, bei den Kommunen sollen es sogar 17,3 Terawatt-Stunden sein. Zum Vergleich: Das Kernkraftwerk Isar 2 bei Landshut - eines der leistungsstärksten in Deutschland - liefert pro Jahr bis zu zwölf Terawatt-Stunden.

Jetzt geht es für die Brüsseler Beamten zurück an den Schreibtisch, um die eingegangenen Stellungnahmen zu prüfen. Dann wird gerechnet, ein möglicher Mehrverbrauch muss gegen den erhofften Nutzen abgewogen werden, dazu kommen politische Interessen. Sechs bis zwölf Monate soll das dauern, bis ein finaler Entwurf steht - über den dann wieder Mitgliedsstaaten, Rat und EU-Parlament befinden. Bürokratieabbau geht eben nicht ohne Bürokratie.

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