EU: Kraftstoffe:Eine Steuer und viele Fragen

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Die Europäische Union will Treibstoff künftig höher besteuern. Doch an deutschen Tankstellen kassiert der Fiskus schon jetzt deutlich mehr als die EU vorschreibt. Was also kommt auf die hiesigen Autofahrer zu?

Cerstin Gammelin

Die Pläne der Europäischen Kommission zur Besteuerung von Treibstoffen werden den Preis für Diesel an deutschen Tankstellen nicht in die Höhe treiben. Der Sprecher von EU-Steuerkommissar Algirdas Semeta wies am Montag entsprechende Berichte zurück. "Unser Vorschlag wird den deutschen Steuersatz auf Diesel nicht erhöhen", sagte er der Süddeutschen Zeitung.

Die von der EU geplanten Steuern sind niedriger, als das, was der deutsche Fiskus jetzt schon verlangt. (Foto: dapd)

Semeta will an diesem Mittwoch ein neues System zur Besteuerung von Kraftstoffen vorstellen. Er will künftig alle Treibstoffe nach ihrem Energiegehalt und dem Ausstoß an Kohlendioxid besteuern, dadurch sollen die Preise an den Tankstellen besser zu vergleichen sein. Außerdem will die EU-Kommission Anreize schaffen, dass die Verbraucher auf grüne Treibstoffe umsteigen. Durch die neue Regelung wird der europäische Mindeststeuersatz für Superbenzin und noch stärker für Diesel um einige Cent steigen.

Das neue Steuersystem wird sich aber nicht direkt auf die deutschen Preise für Diesel und Superbenzin auswirken, weil die deutschen Steuersätze schon heute deutlich über den europäischen Mindestvorgaben liegen, wie der Sprecher erklärte. Während die EU-Kommission für Diesel eine Mindeststeuer von 33 Cent pro Liter vorschreibt, verlangt die Bundesregierung bereits jetzt 47 Cent. Bei Superbenzin sieht es ähnlich aus. Hier beträgt der europäische Mindestsatz knapp 36 Cent, aber wer in Deutschland tankt, zahlt 65,4 Cent pro Liter. Auch künftig werden die europäischen Sätze deutlich unter den deutschen Steuern liegen.

Allerdings könnte das neue System dazu führen, dass sich die Mindeststeuern für Diesel und Superbenzin langfristig angleichen und nach Berechnungen der EU-Kommission bei "um die 40 Cent pro Liter" einpendeln. Denn herkömmlicher Diesel hat zwar einen vergleichsweise hohen Energiegehalt, erzeugt aber im Verbrennungsprozess weniger Kohlendioxid als Superbenzin.

Biodiesel bald billiger?

Gleichzeitig könnte der Preis für einen Liter Biodiesel an der Tankstelle sinken. Denn derzeit wird der grüne Treibstoff in Deutschland ähnlich wie normaler Diesel besteuert. Weil Biodiesel aber einen deutlich geringeren Energiegehalt als der fossile Treibstoff hat und darüber hinaus als klimaneutral gilt, "muss der Mindeststeuersatz deutlich sinken", erklärte der Sprecher. Verbraucher sollten aber bedenken: Mit einem Tank voll Biodiesel fährt das Auto nicht so weit wie mit herkömmlichem Diesel.

Algirdas Semetas Zeitplan ist ehrgeizig. Das neue System, das die europäischen Länder noch einstimmig absegnen müssen, soll bereits im Jahr 2013 in Kraft treten, gleichzeitig mit der dritten Phase des europäischen Systems zum Handel mit Emissionsrechten. An diesem Handel nehmen große Unternehmen und Energiekonzerne teil. Beide Maßnahmen sollen helfen, den Ausstoß von Kohlendioxid intelligent zu verringern.

Lobbyisten beeinflussen Zeitplan

Für die neuen Steuersätze sollen langfristige Übergangsregeln gelten. Bisher plane der EU-Steuerkommissar, eine Frist bis 2020 einzuräumen, erklärte der Sprecher. Dieser Termin könne sich aufgrund "starker Lobbyeinflüsse" aber nach hinten verschieben. Vor allem die deutsche Automobilindustrie lehnt die Brüsseler Pläne ab. Matthias Wissmann, Chef des Lobbyverbandes VDA, fürchtet, dass der Absatz von Dieselfahrzeugen aufgrund des neuen Steuersystems "deutlich sinken" könnte, was zu Lasten des Klimaschutzes gehe. Derzeit tankt fast jedes zweite in Deutschland zugelassene Auto Diesel.

Der Verkehrsclub Deutschland sagte hingegen, die Umstellung sei ein "Schritt in die richtige Richtung". Zwar hätten Dieselfahrzeuge einen höheren Wirkungsgrad als Autos, die mit Super betankt werden. Weil Diesel aber billiger als Super sei, würden die Fahrer größere Wagen kaufen, mehr fahren und dadurch das Klima stärker belasten.

© SZ vom 12.04.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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