EU-Kommission:EU will technologieneutrale CO₂-Regel statt Elektroauto-Quote

Elektroauto

Der Automobilverband VDA fordert statt einer Elektroauto-Quote "marktwirtschaftliche Anreize" wie mehr Ladestationen oder reservierte Parkplätze in Innenstädten.

(Foto: dpa)

In der EU-Kommission wird an einem neuen Gesetzentwurf gearbeitet, um den CO₂-Ausstoß von Pkw zu begrenzen.

Von Christian Gschwendtner, Brüssel

In der EU-Kommission sprechen sie gerade häufiger von einem "Triptychon". Also von drei verschiedenen Gemälden, die nur als Ganzes einen Sinn ergeben. Die Kommission denkt dabei aber nicht an ein Kunstwerk, sondern an neue Regeln für den CO₂-Ausstoß. Diese seien nur sinnvoll, wenn man wie beim Triptychon das große Ganze im Blick habe, heißt es aus der Behörde in Brüssel. Das große Ganze - in diesem Fall bedeutet es, die europäische Autoindustrie und die Konkurrenz aus China.

Schon jetzt ist China der weltweit größte Produzent und Verkäufer von Elektroautos. Allein in diesem Jahr dürften dort voraussichtlich 300 000 Neuwagen zugelassenen werden. Das ist eine Rekordzahl und es sind drei Mal so viele Elektroautos wie in Amerika.

In Brüssel ist deshalb die Sorge groß, dass sich die chinesische Dominanz bald auch auf europäischen Straßen bemerkbar macht. Nämlich dann, wenn man der heimischen Autoindustrie zu starre Vorschriften auferlegt. Aus Sicht der Kommission gilt das besonders für eine verpflichtende Quote für Elektroautos. Sie wird seit geraumer Zeit diskutiert, ist nun aber vom Tisch. "Wir werden keine Quote für E-Autos vorschlagen", sagte eine Sprecherin am Freitag. Der neue Gesetzentwurf sei strikt "technologieneutral". Die Kommission will ihn am 8. November öffentlich vorstellen, aber die Stoßrichtung ist nun klar: Egal ob Elektroauto oder Hybrid-Fahrzeuge, was zählt ist das Ergebnis.

Die bisherigen EU-Regeln sehen vor, dass die Autohersteller den CO₂-Ausstoß bis 2021 im Durchschnitt auf 95 Gramm je Kilometer senken müssen, was umgerechnet einem Verbrauch von vier Litern pro 100 Kilometer entspricht. Eine Vorgabe, mit der die Autohersteller schon jetzt ihre Probleme haben.

Dass die Kommission nun auf eine E-Quote verzichtet, dürfte die Industrie so gesehen freuen. Für Europas Autolobbyisten ist sie seit Langem ein Reizwort. Der deutsche Branchenverband VDA fordert beispielsweise statt einer festgeschriebenen Mindestanzahl an Elektroautos lieber "marktwirtschaftliche Anreize."

Gemeint sind mehr Ladestationen oder reservierte Parkplätze in den Innenstädten. Das allein genügt der Kommission allerdings nicht. Vize-Kommissionspräsident Maroš Šefčovič spricht von "einem Signal", das dringend nötig sei, damit die Industrie endlich aufwache.

Zu starre Vorschriften für Europas Autohersteller würden Konkurrenz aus China helfen

Unbestritten ist, dass die Kommission mit strengeren CO₂-Auflagen den Übergang zur Elektromobilität beschleunigen will. Die Rede ist von Einsparungen zwischen 25 und 35 Prozent. Als Ausgangsbasis soll aber nicht mehr der bisherige Grenzwert von 95 Gramm herangezogen werden, sondern der Ausstoß von 2021. Der Grund: Die bisherigen Grenzwerte wurden auf der Grundlage von Abgastests festgelegt, die mit der Realität auf der Straße bekanntlich nicht viel zu tun hatten.

Die Kommission kommt den Autoherstellern also auch an dieser Stelle entgegen. Denn würde sie die manipulierten Werte der Abgastests als Basis nehmen, wären nach 2021 noch größere CO₂-Einsparungen notwendig.

Überhaupt wird sich in dem neuen Gesetzespaket vieles um Freiwilligkeit drehen. Wer freiwillig einen bestimmten Anteil seiner Flotte mit "sauberen Autos" bestückt, der kann bei den CO₂-Grenzwerten mit einem Entgegenkommen der Kommission rechnen. Die Formulierung "saubere Autos" ist bewusst gewählt. Darunter fallen neben akkubetriebenen Autos eben auch andere Technologien wie Hybridmotoren oder Wasserstoff. "Wir wollen den Herstellern nicht vorschreiben, auf welche Technologie sie setzen sollen", heißt es dazu in der Kommission. Das ist ein Signal an die Autoindustrie. Aber auch an China.

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