EU fordert Beihilfen für Vattenfall-Pilotprojekt zurück:Millionen für ein Geisterwerk

Vattenfall wollte das erste Kohlekraftwerk in Deutschland bauen, dessen CO2-Emissionen unterirdisch gespeichert werden. Der Energiekonzern hat das Milliardenprojekt aber abgesagt und beklagt mangelnde politische Unterstützung. Nun fordert die EU bereits gezahlte Förder-Millionen zurück.

Vattenfall muss mindestens 32 Millionen an die EU zurückzahlen. Wegen fehlender Planungssicherheit hatte der Energiekonzern entschieden, Pläne für den Bau eines Kraftwerks ohne CO2-Emissionen aufzugeben. Die EU-Kommission hatte für das Pilotprojekt 180 Millionen Euro Beihilfen aus dem Energiestrukturfonds zur Verfügung gestellt. 45 Millionen Euro davon seien schon ausbezahlt worden. Vattenfall müsse nun nachweisen, wie viel davon bereits zweckgebunden ausgegeben worden sei, und den Rest des Geldes zurückzahlen, sagte eine Sprecherin der Kommission dem Tagesspiegel.

Vattenfall informiert über künftige Braunkohleverstromung

Wasserdampf und Kohlendioxid steigen auf aus den Kühltürmen des Kohlekraftwerks Jänschwalde. Das wird auch noch eine Weile so bleiben, weil Energiekonzern Vattenfall auf den Bau eines CCS-Kraftwerkes verzichtet - und deshalb Millionen an die EU zurückzahlen muss.

(Foto: dpa)

Im brandenburgischen Jänschwalde wollte Vattenfall ein Kohlekraftwerk bauen, in dem die so genannte CCS-Technologie (Carbon Capture and Storage) zum Einsatz kommt. Dabei wird das entstehende CO2 in unterirdische Speicherstätten gepresst, anstatt es in die Außenluft entweichen zu lassen.

Die 180 Millionen Euro waren für die Planung und den Bau des Braunkohlekraftwerks gedacht. Davon seien bereits 45 Millionen auf eine Art Treuhandkonto ausgezahlt worden, bestätigte eine Unternehmenssprecherin. Rund 13 Millionen Euro seien bereits ausgegeben worden, die restlichen 32 Millionen Euro würden jetzt zurückfließen. Geprüft werde nun, was mit den 13 Millionen Euro passiere. "Wir sind optimistisch, dass wir diese nicht an die EU zurückzahlen müssen", sagte die Sprecherin.

Das Geld sei unter anderem für die Bauplanung sowie die Vorbereitung des Baufeldes ausgegeben worden. Nun müsse innerhalb der nächsten 60 Tage nachgewiesen werden, inwieweit diese Mittel ordnungsgemäß verwendet wurden. Anfang kommenden Jahres könnte ein Ergebnis vorliegen.

Am Montag hatte Vattenfall seinen Rückzug aus dem 1,5 Milliarden Euro teuren Projekt angekündigt - und machte dafür mangelnde politische Unterstützung für die CCS-Technik und die "fortwährende politische Hängepartie um das deutsche CCS-Gesetz" für das Aus verantwortlich. Das CCS-Erprobungsgesetz hängt derzeit im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat.

Umweltminister Röttgen enttäuscht

Bundesumweltminister Norbert Röttgen wies die Kritik des Stromkonzerns zurück, die Politik habe zu wenig Interesse an der Technologie. Röttgen sagte der Frankfurter Rundschau, er sei enttäuscht von der Entscheidung des schwedischen Energieunternehmens, das einzig verbliebene Demonstrationskraftwerk für diese Technologie aufzugeben. Es sei "wichtig, dass CCS erprobt wird, mindestens, um diese Technologie auch exportieren zu können", sagte der CDU-Politiker. "Deshalb ist die Entscheidung von Vattenfall, das Projekt in Brandenburg aufzugeben, bevor das Vermittlungsverfahren im Bundesrat abgeschlossen ist, enttäuschend."

Um das Gesetz, das eine EU-Richtlinie umsetzen soll, wird seit Jahren gerungen. Besonders in Norddeutschland, wo CO2 in ehemaligen Gasspeichern gelagert werden könnte, ist der Widerstand gegen die Technik groß. Bürgerinitiativen warnen vor einem Austritt des in hoher Konzentration giftigen Gases und vor einer Versalzung des Grundwassers. Deshalb lehnen fast alle Bundesländer die Technik ab. Die EU hat wegen der Verzögerung schon ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet.

CCS gilt weltweit auch als Chance im Kampf gegen den Klimawandel, besonders in Ländern wie China, die stark auf Kohle zur Energieerzeugung setzen. Aber auch in Europa, wo für Kohlekraftwerke CO2-Verschmutzungsrechte gekauft werden müssen, gilt CCS als wichtig und wird von der EU gefördert. Die Technik ist jedoch noch nicht ausgereift und wird bislang nur zur Erprobung eingesetzt.

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