EU-Beamte für Griechenland:Eingreiftruppe gegen den Schlendrian

Entwicklungshilfe nach dem Motto "Die können's nicht": Weil Griechenlands Behörden mit der Lösung der Finanzkrise überfordert seien, will EU-Kommissar Oettinger dem Land die Kontrolle entziehen. Beamte aus anderen europäischen Ländern sollen dort die Verwaltung übernehmen, Firmen privatisieren und Steuern eintreiben. Eine rechtliche Grundlage dafür gibt es nicht.

Der deutsche EU-Kommissar Günther Oettinger (CDU) spricht sich dafür aus, EU-Beamte nach Griechenland zu entsenden - mit dem Auftrag, die Einspar-Bemühungen der Regierung voranzutreiben. "Die Behörden schaffen es nicht, ausstehende Steuern einzutreiben oder Staatsbesitz zu verkaufen."

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"Sie schaffen es nicht": EU-Kommissar Günther Oettinger fordert härtere Sanktionen für Schuldenstaaten wie Griechenland.

(Foto: dpa)

Deshalb sollten diese Aufgabe EU-Beamte übernehmen, forderte Oettinger in der Bild-Zeitung. "Es wäre am besten, wenn qualifizierte Beamte aus den übrigen EU-Staaten zur Beratung und Durchführung der Verwaltung für einen längeren Zeitraum in Griechenland tätig würden. Sie könnten ohne Rücksicht auf Widerstände agieren und den Schlendrian beenden."

Durchsetzen dürfte sich Oettingers mit seinem Vorstoß wohl kaum. Eine rechtliche Grundlage für die partielle Entmündigung Griechenlands ist nicht auszumachen. Und EU-Beamte, die den Behörden des Landes helfen gibt es längst: Die sogenannte "Task Force Griechenland" unter Leitung des deutschen Spitzenbeamten Horst Reichenbach ist vor Ort - im Rahmen der bestehenden juristischen Möglichkeiten.

Oettinger argumentiert daher moralisch: Die "offensichtlich wenig leistungsfähige Verwaltung in Griechenland", sei ein Problem, sagte er. Die Regierung des Landes müsse der Entsendung von EU-Beamten als Gegenleistung für die zugesagten Finanzhilfen zustimmen. "Wer Solidarität von den anderen Staaten einfordert, muss auch bereit sein, einen Teil der Verantwortung auf Zeit abzugeben."

Mit seinem Vorstoß schließt sich der EU-Kommissar den Kritikern an, die härtere Strafen für Schuldenstaaten fordern. Der niederländische Finanzminister Jan Kees de Jager forderte zuletzt, dass Verstöße gegen EU-Haushaltsregeln mit Ausschluss aus der Eurozone bestraft werden sollen. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sagte am Donnerstag, die Regierung in Athen bekomme Hilfe, aber "es ist am Ende an Griechenland selber, ob es die Bedingungen erfüllen kann, die eine Mitgliedschaft in der gemeinsamen Währung nun einmal voraussetzt".

Er habe Zweifel, ob die bisher vorgeschlagenen Sanktionen wirklich zielführend seien, sagte Oettinger. Es mache wenig Sinn, einem Staat mit Geldstrafen zu drohen, wenn er die Verschuldungskriterien erneut nicht einhalten kann. Der EU-Kommissar warnte eindringlich vor einem Austritt Griechenlands aus der Eurozone. "Das spaltet Europa und wäre ein verheerendes Signal. Es würde der Eindruck entstehen, dass die EU nicht einmal in der Lage ist, ein vergleichsweise kleines Land zu stabilisieren. Dann würden uns Gläubiger und Märkte in Zukunft überhaupt nicht mehr trauen."

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