Escada:Hilfe kommt aus London

Die Eigentümerin Megha Mittal steckt weitere Mittel in Escada und sucht noch immer einen neuen Chef. Interims-Boss Jörg Wahlers saniert derweil das Unternehmen und streicht kräftig Jobs.

Von Caspar Busse

"Mode ist eine immer fortwährende Reise, sehr dynamisch, sehr fordernd", sagte Megha Mittal vor ein paar Jahren. Damals hatte sie gerade die Münchner Traditionsfirma Escada übernommen. Dass die Fahrt aber so lange dauern würde, hatte die Investorin aus London, eine ehemalige Investmentbankerin, die aus der Eigentümerfamilie des Stahlkonzerns Arcelor-Mittal stammt, wohl nicht erwartet. Bis Escada wieder floriert, wird es noch dauern. Und Megha Mittal wird weiteres Kapital dazugeben müssen.

"Wir brauchen Aufbruchstimmung. Es ist meine Aufgabe, das Unternehmen wieder profitabel und effizienter zu machen", sagt Jörg Wahlers, 52, der Süddeutschen Zeitung. Der Finanzmann, der die Firma schon seit sieben Monaten übergangsweise führt, hatte im Oktober ein hartes Sanierungsprogramm aufgelegt, das den hoffnungsvollen Namen "Journey to excellence" trägt. "Ein Viertel des Weges ist bereits geschafft", so Wahlers heute.

Dazu gehören Investitionen, Wahlers kündigt einen "mittleren zweistelligen Millionenbetrag" an. Finanziert werden kann das aber nur zum Teil aus eigener Kraft, also aus den laufenden Erlösen. Eigentümerin Mittal selbst gibt deshalb derzeit Kapital dazu, berichtet Wahlers und fügt an: "Megha Mittal ist sehr engagiert und präsent. Sie investiert weiter in das Geschäft." Zuletzt waren immer wieder Spekulationen aufgekommen, Megha Mittal könnte sich zurückziehen und einen Käufer für Escada suchen. Dazu stellt Wahlers nun klar: "Megha Mittal steht voll und ganz hinter Escada. Sie hat ein sehr langfristiges Interesse an dem Unternehmen."

Zum Umbau bei Escada gehört aber auch ein deutlicher Abbau von Arbeitsplätzen. Insgesamt sollen 200 Stellen wegfallen, davon allein 150 in der Escada-Hauptverwaltung in Aschheim bei München. Künftig werden dann dort noch 200 Mitarbeiter tätig sein, von weltweit insgesamt 1500. Es ist ein Kahlschlag am Konzernsitz, fällt doch hier fast jede zweite Stelle weg. "Die Verhandlungen mit dem Betriebsrat über einen Sozialplan laufen. Wir machen sehr gute Fortschritte und wollen schnell Klarheit für alle schaffen bei diesem schwierigen Thema", sagt Wahlers. Betriebsbedingte Kündigungen sind aber offenbar nicht ausgeschlossen.

Escada: Escada-Modenschau in Japan: Dort laufen die Geschäfte vergleichsweise gut. Probleme gibt es in anderen Regionen, vor allem in Europa.

Escada-Modenschau in Japan: Dort laufen die Geschäfte vergleichsweise gut. Probleme gibt es in anderen Regionen, vor allem in Europa.

(Foto: PR)

Escada ist kein Einzelfall: Viele deutsche Modefirmen sind seit Längerem in einer tiefen Krise. Gerade stellt Steilmann Insolvenzantrag. Hugo Boss musste vor wenigen Wochen nach einem rasanten Expansionskurs Filialschließungen bekannt geben, der Aktienkurs ist in den vergangenen Monaten gefallen, die Prognosen konnten nicht eingehalten werden, in China bleiben die Kunden aus. Vorstandschef Claus-Dietrich Lahrs verließ den Konzern überraschend Ende Februar, ein Nachfolger wird gesucht. Schlecht sieht es auch bei Gerry Weber aus, das Unternehmen baut 700 Jobs ab und will hundert Filialen im In- und Ausland schließen. Auch die Hamburger Modekette Tom Tailor überprüft Standorte. Rena Lange und Strenesse sind bereits pleite. Internationale Modeketten wie H&M, Zara oder Primark, die auf ein jüngeres Publikum zielen, melden dagegen Erfolge.

Escada, 1976 von Margaretha und Wolfgang Ley gegründet, wurde schnell eine der bekanntesten Luxus-Modemarken aus Deutschland, die Firma war dann aber schon länger in der Krise, auch aufgrund von Managementfehlern. 2009 musste das ehemals börsennotierte Unternehmen schließlich Insolvenz anmelden, nachdem es sich nicht mit Gläubigern einigen konnte. Megha Mittal stieg ein und rettete die Marke. Damals führte Bruno Sälzer, der ehemalige Vorstandsvorsitzende von Hugo Boss, die Geschäfte, er organisierte die Rettung und modernisierte das Image. Vor mehr als zwei Jahren, im Februar 2014, verkündete Sälzer seinen Abschied und ging später zur Jugendmarke Bench. Seitdem ist der Chefposten praktisch vakant. Nach langer Suche engagierte Megha Mittal Anfang 2015 den Amerikaner Glenn McMahon. Der sollte das US-Geschäft, einer der wichtigsten Märkte für Escada, ankurbeln; er pendelte zunächst zwischen New York und München, gab aber nach nur sechs Monaten wieder auf - aus persönlichen Gründen, wie es hieß.

Wie schon einmal nach dem Abgang von Sälzer übernahm wieder Finanzmann Wahlers die Geschäfte, übergangsweise, wie er betonte. "Wir suchen nach wie vor mit Hochdruck einen neuen Vorstandsvorsitzenden", sagt Wahlers. Der Betriebswirt war 2014 vom Keramikproduzenten Villeroy & Boch gekommen. Auch dort war er Finanzchef. Bei Escada ist er für Finanzen, die operativen Geschäfte, Logistik und Personal zuständig.

Ein klangvoller Name: Die Marke soll jetzt auch vom Onlinehandel profitieren

Jörg Wahlers

Jörg Wahlers, 52, ist seit 2014 bei Escada und seit August 2015 Interims-Chef. Er arbeitete vorher bei Villeroy & Boch, bei Jacobs Suchard und beim Mischkonzern Reckitt Benckiser.

(Foto: Escada)

Schon Ende 2015 hatte Wahlers von einer negativen Geschäftsentwicklung und einer problematischen Umsatzsituation gesprochen. Escada hat unter anderem mit der Flaute in Russland zu kämpfen. Auch die Wirtschaftsprobleme in China machen sich bemerkbar. In den USA und in Japan laufe es dagegen gut. 2012 lag der Escada-Umsatz noch bei 300 Millionen Euro, Ex-Chef Sälzer hatte sogar mal 500 Millionen Euro als Ziel ausgegeben. Dem Vernehmen nach dürften die Erlöse heute bei 275 Millionen Euro liegen, weit von der einstigen Zielgröße entfernt. Offenbar werden 2016 vor allem wegen der Kosten für den Personalabbau unter dem Strich Verluste erwartet. Escada unterhält derzeit weltweit 180 eigene Geschäfte, davon 16 in Deutschland. Demnächst soll in Düsseldorf ein neuer Standort an der Königsallee in einem veränderten "Lounge-Design" eröffnet werden.

Die Hoffnungen von Escada ruhen jetzt unter anderem auf einem Ausbau des Onlinegeschäftes und einer Verbesserung der IT-Systeme. "Der Name Escada ist klangvoll, und die Marke hat nach wie vor eine große Bekanntheit. Wir gehören weltweit zu den zehn größten Herstellern von Damen-Konfektionsmode", sagt Wahlers. Er glaubt, dass die Münchner Modefirma sich auch in der sich rasant ändernden Branche behaupten werde.

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