Erster Arbeitstag als Chef der Deutschen Bank:Jain macht sich zum neuen starken Mann

Am seinem ersten Arbeitstag schwört der neue Chef der Deutschen Bank die Mitarbeiter ein. Kommt jetzt der Durchmarsch des riskanten Investmentbankings? Anshu Jain beschwichtigt.

Harald Freiberger, Frankfurt

Dass bei der Deutschen Bank ein anderes Zeitalter angebrochen ist, wird am Freitag schon im Eingangsbereich der Frankfurter Zwillingstürme deutlich: Ein großer Bildschirm zeigt das Foto der beiden neuen Chefs Anshu Jain und Jürgen Fitschen. Ein Wegweiser kündet vom "Day one", darunter ein Pfeil und das Wort "Townhall".

Eine Townhall (wörtlich: Stadthalle) ist im Englischen der Ort, an dem Bürgerversammlungen stattfinden. Jain hat solche Meetings, an denen jeder Mitarbeiter teilnehmen kann, bisher schon mit seinen Investmentbankern in London gehalten. Von sofort an gibt es sie für den gesamten Konzern, erstmals am Freitag. Alle 101.000 Angestellten waren eingeladen, fernab der Zentrale ließ sich die Veranstaltung per Intranet verfolgen. Nach Monaten des bleiernen Übergangs wollten die neuen Chefs jeden Einzelnen auf den neuen Kurs einschwören.

"Wir werden ein neues Kapitel für die Bank aufschlagen in sehr herausfordernden Zeiten", sagte Fitschen einem Teilnehmer zufolge im "Forum", dem größten Saal der Zentrale. Er sei sich sicher, dass die Zusammenarbeit mit Jain funktionieren werde, "weil wir wirklich Partner sind". Beide seien sich klar darüber, dass ihre Aufgabe weit über ihre eigene Person hinausweise.

Nur noch Investmentbanking? Jain beschwichtigt

Jain bemühte sich Sorgen zu zerstreuen, er könnte dem Investmentbanking zum Durchmarsch verhelfen. "Ich verstehe, wie wichtig Deutschland für uns ist", sagte er. Es sei eines der am besten geführten Länder der Welt. Die Deutsche Bank habe die Chance, gestützt auf einen starken Heimatmarkt, weltweit eine führende Rolle zu spielen. Jain erwartet, dass es in einigen Jahren nur noch fünf, sechs wirklich globale Banken gibt, das eigene Institut könne das einzige in Kontinentaleuropa sein. Und: "Wir freuen uns, die Postbank zu haben."

Fitschen und Jain wollen sich 100 Tage Zeit lassen, um mit Führungskräften, Eigentümern und Aufsehern die neue langfristige Strategie zu erarbeiten. Die Eckpunkte stehen fest: Beide bekennen sich zur Universalbank, die in Deutschland verankert ist, aber weltweite Ambitionen hat. Vier Standbeine gibt es künftig: Investmentbanking, Privatkundengeschäft, Transaktionsbanking und Vermögensverwaltung. Letzteres ist neu, es war bisher auf die anderen Bereiche verteilt und galt in der Ära von Vorgänger Josef Ackermann stets als Problemzone.

Auch die Zuständigkeit an der Spitze gaben sie bekannt: Jain ist für Investmentbanking, Transaktionsbanking und Vermögensverwaltung verantwortlich, Privatkunden-Chef Rainer Neske für den eigenen Bereich. Für Fitschen bleiben nur die Regionen und Beteiligungen wie die BHF-Bank oder das Casino in Las Vegas - ein weiterer Hinweis darauf, dass Jain der starke Mann ist.

Die Mitarbeiter konnten bei dem Treffen, an dem auch der neue Aufsichtsratschef Paul Achleitner teilnahm, Fragen stellen. Eine lautete, was Jain glaube, wer gewinnen werde, wenn Deutschland und England bei der Fußball-EM aufeinanderträfen. Jain überlegte kurz, dann sagte er: "Always Germany". Immer Deutschland, versprochen.

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