Erotik:Vom Pornokino zu YouPorn

Sexting

Wer früher viel Geld für die schmierige Pornobude bezahlte, kann heute kostenlos im Netz gucken. Für die Branche ein Riesenproblem.

(Foto: Julian Stratenschulte/dpa)

Wer früher ins Sex-Kino ging, guckt heute lieber kostenlos Pornos im Netz. Für die Sex-Branche ist das eine Katastrophe - aber die Jüngeren wittern ihre Chance.

Von Sophie Burfeind

An einem Frühlingstag in Dietzenbach treffen sie sich: die alten Herren der Sex-Branche, die Letzten ihrer Art. In einem Tagungshotel hinter dem Parkplatz von Aldi Süd findet das Jahrestreffen des Bundesverbands für Erotikhandel statt. Weiße Fliesen, Plastikblumen, transparente Gardinen, ein Tütchen mit Gummibärchen für jeden. Pornoproduzenten, Einzelhändler, Großhändler, Videothek-Betreiber und Gleitmittel-Verkäufer, man sieht Goldketten, Goldringe, Goldarmbänder und Schnauzer in allen denkbaren Variationen. Es sind Vertreter einer Welt, die gerade ihrem Untergang zusieht, während andere den Markt erobern. Von Beate Uhse ist niemand zum Jahrestreffen des Bundesverbands für Erotikhandel gekommen, das fällt auf. Vielleicht, weil das alles hier auch nur wenig Hoffnung macht.

Sex-Shops mit dunklen Vorhängen und Videokabinen für das einsame Vergnügen - das sind schon Relikte einer vergangenen Zeit. Videokabinen sind so gut wie ausgestorben, auch Sex-Shops gibt es in Deutschland nur noch wenige. Vor 15 Jahren waren es fast 1500, heute sollen es kaum mehr 500 sein. Dort, wo sich in Bahnhofsvierteln deutscher Großstädte früher Sex-Shops aneinanderreihten, stehen jetzt Back-Shops.

Verwunderlich ist das nicht: Jegliche Form von Pornografie findet sich mittlerweile im Internet, noch dazu gratis. Seit zehn Jahren gibt es Online-Portale wie YouPorn - da schleicht sich kein Mann mehr freiwillig in eine schummrige Pornobude, um ein paar DVDs oder ein abgegriffenes Pornoheftchen zu kaufen. Das Internet hat die Erotikbranche extrem verändert. Jahrzehntelang verkauften Männer Sex für Männer, doch seit es die großen Pornoportale gibt, laufen der Sex-Industrie die Kunden davon.

Nicht nur das Geschäft hat sich verändert, sondern auch der Umgang mit Sex

Während die Alten zittern, gibt es längst Jüngere, die erkannt haben, wie sie das Internet für sich nutzen können. Ihnen ist aufgefallen, dass die Erotikhändler ziemlich lange jemanden vergessen haben in ihrem Geschäft: Frauen. Und Paare. An die wenden sich Online-Versandhändler wie Eis.de oder Amorelie mit dem neuen Lifestyle-Produkt: Sexspielzeugen.

Die Veränderungen in der Erotikindustrie erzählen darüber, wie sich der Einzelhandel durch die Digitalisierung wandelt. Vor allem aber erkennt man daran, wie sich auch der Umgang mit Sexualität verändert hat. In den Sechzigerjahren hatte Sexualität noch eine große symbolische Bedeutung, stand für Befreiung und Emanzipation. Heute ist sie ein normaler Teil des Lebens geworden, Werbefilme für Sexspielzeuge laufen im Mittagsfernsehen.

Wie sieht sie also aus, die Zukunft der Erotikindustrie? Es ist ja nicht so, als bestünde keine Nachfrage mehr.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: