Erneuerung wegen Feinstaub:Ofen aus

Ungefilterte Holzkamine verdrecken in manchen Jahren die Luft mehr mit Feinstaub als der Straßenverkehr. Jetzt soll damit Schluss sein: Hunderttausende alte Öfen müssen noch dieses Jahr verschrottet werden.

Von Michael Bauchmüller, Berlin

Wie es unter deutschen Dächern so aussieht, das weiß der Schornsteinfeger ziemlich genau. "Da bekommt man einiges mit", sagt Stephan Langer, Bezirksschornsteinfeger im niedersächsischen Lehrte. "Nicht immer ist es schön." Man treffe da, zum Beispiel, auch auf manches Mütterchen, das noch mit dem eigenen alten Ofen heizt. "Oft sind das die kleinen Backsteinhäuser auf dem Land", sagt Langer. "Leute, die früher in der Landwirtschaft gearbeitet haben, die noch für die Rente geklebt haben." Und die sich jetzt langsam nach einem neuen Ofen umsehen müssen. Denn diesen Winter ist Schluss mit Hunderttausenden dieser Öfen, jedenfalls mit denen, die älter als 40 Jahre sind. "Besser ist es, mit dem Austausch nicht bis zum Winter zu warten", rät Langer, nebenbei Vorstand im Schornsteinfeger-Verband.

Solche Öfen gibt es nicht nur in bescheidenen Verhältnissen. Auch ältere Kachelöfen zählen dazu, wie sie sich im Wohnzimmer mancher Einfamilienhäuser finden - oft als Zusatz zu einer Zentralheizung. Wie viele Holzöfen am Ende betroffen sein werden, weiß keiner so genau, denn Zahlen über Verkauf oder Verbreitung der Öfen in den Fünfziger-, Sechziger- und Siebzigerjahren gibt es nicht.

Sicher aber ist: Es ist erst der Anfang eines massiven Austauschprogramms für alte Öfen, von dem nur historische Exemplare ausgenommen sind und die in Deutschland so beliebten offenen Kamine. Letztere sehen zwar schön aus, taugen aber nicht als Heizung. Da sie ohnehin nur gelegentlich genutzt werden dürfen, genießen sie eine Ausnahme.

Hinter der Ofen-Erneuerung steht eine schon vier Jahre alte Verordnung des Bundes. Seit 2010 verlangt sie für jeden neuen Ofen eine Art Unbedenklichkeitserklärung, was den jeweiligen Ausstoß an Feinstaub und Kohlenmonoxid angeht, zu überprüfen durch den Schornsteinfeger. Danach sind zum 31. Dezember erst einmal Öfen dran, die bis Ende 1974 eingebaut wurden. Ende 2017 folgen die Baujahre bis 1984 einschließlich, Ende 2019 jene Öfen, die vor 1995 aufgestellt wurden. Bis Ende 2024 sollen so alle Öfen ausgetauscht oder nachgerüstet sein, die bis zum März 2010 installiert wurden; damals trat die Neuregelung in Kraft.

Insgesamt geht es um 4,5 Millionen Öfen

"Die richtige Welle wird 2017 losgehen", sagt Schornsteinfegermeister Langer, wenn auch die jüngeren Öfen an die Reihe kommen. Insgesamt um die 4,5 Millionen Anlagen dürften Schätzungen zufolge betroffen sein, und am Ende wird sich der Effekt durchaus messen lassen: in der Luft.

Denn der Staub aus ungefilterten Öfen gilt als eine der Hauptursachen für erhöhte Feinstaubkonzentrationen. Im Herbst und Winter tragen Öfen an die 15 Prozent zur Feinstaubbelastung zu, nicht selten führten erst diese Emissionen dazu, dass an einzelnen Messstationen die zulässigen Grenzwerte überschritten wurden. Im kalten Winter 2010 lagen die Emissionen der sogenannten Kleinfeuerungsanlagen nach Zahlen des Umweltbundesamtes sogar über denen des Straßenverkehrs. Messen lässt sich das vergleichsweise zuverlässig, weil sich der Feinstaub aus Öfen über den Stoff Levoglucosan verrät. Der entsteht bei der Verbrennung von Zellulose.

Auch das Umweltbundesamt (UBA) drängt auf den Ersatz der alten Öfen. "Die neue Regelung wird dazu beitragen, dass die gesundheitsgefährdende Feinstaubbelastung abnimmt", wirbt UBA-Chefin Maria Krautzberger. Auch Haushalte, deren Öfen jünger sind, könnten sich jetzt schon um Nachrüstung kümmern. "Die Schornsteinfeger", so Krautzberger, "sind dabei gute Berater."

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