Erneuerbare Energien:Mehr Sonne, weniger Wind

Windenergie

Gute Aussichten für den Ökostrom: Hier drehen sich die Rotoren einer Windenergieanlage in Brandenburg.

(Foto: dpa)

2013 war abermals ein Rekordjahr für den Ökostrom - und von der befürchteten Kostenexplosion im Zuge der Energiewende fehlt jede Spur. Das zeigen die Zahlen des Stromverbands BDEW.

Von Michael Bauchmüller, Berlin

Es waren die Dezemberstürme, die am Ende noch die Bilanzen der deutschen Windparks aufgemöbelt haben - ansonsten war 2013 nämlich ein eher maues Jahr. 3,5 Prozent weniger Strom als noch 2012 erzeugten die Windräder hierzulande, insgesamt knapp 50.000 Gigawattstunden Strom. Genug immerhin, um 14 Millionen Haushalte ein ganzes Jahr lang mit Strom zu versorgen. Allein 7700 Gigawattstunden hatte der Dezember abgeworfen. Das geht aus Zahlen des Stromverbands BDEW hervor, die der Süddeutschen Zeitung vorliegen.

Während die Windkraft schwächelte, legte der Strom aus Solarzellen weiter zu: 28.000 Gigawattstunden Strom lieferten sie, ein Plus von 7,3 Prozent. Zahlen der Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen zufolge ist 2013 so oder so abermals ein Rekordjahr beim Ökostrom: mit 24,7 Prozent am gesamten Stromverbrauch ist ihr Anteil hoch wie nie. Von der befürchteten Kostenexplosion allerdings fehlt jede Spur.

Stattdessen hat sich die Lage bei der Finanzierung der Energiewende entspannt. Hinter dem Ausbau von Wind und Solar steht ein milliardenschweres Umlagesystem. Haushalte und Gewerbebetriebe zahlen mit der Stromrechnung eine Ökostrom-Umlage, im vorigen Jahr 5,2 Cent je Kilowattstunde. Aus diesem Topf wiederum erhalten die Betreiber von Windrädern, Solaranlagen oder Biomassekraftwerken die gesetzlich garantierten Vergütungen.

Noch zu Beginn des vergangenen Jahres war das entsprechende Konto massiv in den roten Zahlen: Das Defizit lag bei knapp 2,3 Milliarden Euro. Am Ende des Jahres ist dieses Minus auf 220 Millionen Euro geschrumpft. "Da zeichnet sich eine Entspannung ab", sagt Holger Krawinkel, Energieexperte beim Bundesverband der Verbraucherzentralen. "Die Kurve flacht ab."

"Es ist ein Nullsummenspiel"

Dabei wirkte die Lage noch im Herbst bedrohlich. Ende August war das Minus immer noch so hoch wie Anfang Januar, obendrein brachte der Ökostrom im Stromhandel nicht viel ein. Denn je billiger Elektrizität gehandelt wird, desto mehr muss aus der Umlage nachgeschossen werden. So will es die Mechanik des Ökostrom-Gesetzes EEG, das bestimmte Vergütungen für die erneuerbare Energie festlegt. Bringt etwa Windstrom, der mit neun Cent vergütet wird, an der Börse nur vier Cent ein, dann werden die übrigen fünf Cent über die Umlage nachgeschossen.

Und der Börsenpreis war im vorigen Jahr massiv gefallen, den Zahlen des BDEW zufolge um rund 20 Prozent. Kostete die Kilowattstunde Grundlast im Jahr 2012 noch 4,9 Cent, waren es im vorigen Jahr noch 3,9 Cent. Die Spitzenlast - Strom zu besonders gefragten Stunden - verbilligte sich um 1,1 Cent. Entsprechend mehr müssen die Verbraucher drauflegen.

Auch deswegen müssen die Stromkunden in diesem Jahr nun mehr an EEG-Umlage zahlen - sie stieg mit der Jahreswende um knapp ein Cent auf nunmehr 6,2 Cent je Kilowattstunde. "Schon daran sieht man, es ist ein Nullsummenspiel", sagt Patrick Graichen, Direktor des Berliner Thinktanks Agora Energiewende. "Wenn die gesunkenen Börsenpreise an die Stromkunden weitergegeben würden, dann dürfte sich der Strompreis unter dem Strich eigentlich nicht ändern." Mit anderen Worten: Wer im neuen Jahr mehr für Strom zahlen muss, bessert damit vor allem die Marge seines Stromanbieters auf.

Womöglich zahlen Stromkunden mehr aufs Ökostrom-Konto als nötig

Der Verdacht liegt nahe, dass die Stromkunden über die erhöhte Umlage in diesem Jahr mehr auf das Ökostrom-Konto einzahlen als nötig. Schließlich überweisen sie allein durch die Anhebung zusätzlich gut 3,5 Milliarden Euro. Und anders als im Vorjahr liegt das Defizit dort nun nur noch bei 220 Millionen Euro. Das ist ein Zehntel dessen, was die Gemeinschaft der Stromkunden monatlich dort einzahlen.

Obendrein bekommen Betreiber neuer Anlagen längst nicht mehr so hohe Vergütungen wie bisher. "Im Augenblick liegt die durchschnittliche Vergütung bei 16 Cent", sagt Verbraucherschützer Krawinkel. "Wenn wir nicht unnötig viel Geld für teure Offshore-Windparks ausgeben, landen wir bis Ende 2015 bei der Hälfte." Das wiederum lasse sich allein dadurch finanzieren, dass Sonderregeln für die Industrie auf jenes Maß begrenzt würden, das noch 2011 galt. Im Zuge der Energiewende waren diese Ausnahmen seinerzeit ausgeweitet worden, sehr zum Ärger auch der EU-Kommission in Brüssel.

Bis Ostern will auch die Bundesregierung Pläne für eine Reform vorlegen - die dann mutmaßlich auch sinkende Fördersätze etwa für die Windenergie an Land vorsehen werden. Wie das Ökostrom-Konto am Ende dieses Jahres aussehen wird, das weiß keiner. Es hängt abermals vom Strompreis an der Börse ab, vom weiteren Zubau, von künftigen Fördersätzen - und natürlich, wie schon im Dezember, vom Wetter.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: