Ernährung:USA leiden unter Bacon-Notstand

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Die Lage in den USA ist äußerst ernst: Es herrscht eine Art nationaler Bacon-Notstand.

(Foto: photocrew - Fotolia)

Acht Kilo gebratenen Speck verspeist jeder US-Bürger im Jahr. Die Preise explodieren, die Reserven schrumpfen - auch, weil Bacon neuerdings für Sushi, Eis und Schokolade herhalten muss.

Von Claus Hulverscheidt

Wenn es leise zu zischen beginnt in der Küche, wenn der Duft von Fleisch und Räucherholz die Sinne benebelt, wenn sich die eben noch labberige Scheibe in der Pfanne langsam wellt und in eine salzig-krosse Köstlichkeit verwandelt, dann weiß der gewöhnliche Amerikaner: Der Bacon ist fertig - der Tag kann kommen.

Kaum ein Produkt ist so typisch für ein echtes amerikanisches Frühstück wie der gebratene Speck vom Schweinebauch. Während in anderen Industriestaaten wie Deutschland der Fleischkonsum zurückgeht, verputzt jeder US-Bürger im Schnitt allein acht Kilogramm Bacon pro Jahr. Seit 2013 ist der Konsum um mehr als 14 Prozent gestiegen - zuletzt so stark, dass jetzt eine Art nationaler Notstand ausgebrochen ist: Obwohl die US-Fleischindustrie ihre Schweineherde auf 72 Millionen Tiere ausgeweitet hat und zudem in großem Stil aus Kanada, Dänemark, Polen importiert, kommt sie mit der Speckproduktion kaum nach. Allein seit Jahresbeginn sind die Schweinebauchpreise um 80 Prozent in die Höhe geschnellt, die Reserven in den Tiefkühltruhen der großen Handelshäuser haben den niedrigsten Stand seit 60 Jahren erreicht.

Bacon-Sushi, Bacon-Eis - und sogar Bacon-Schoko-Käsekuchen

Grund ist, dass sich die Speckscheiben nicht nur zum morgendlichen Rührei und als wichtigster Bestandteil des National-Sandwichs BLT (Bacon-Lettuce-Tomato, Speck-Salat-Tomate) ungebrochener Beliebtheit erfreuen, sondern mittlerweile zu allen Tageszeiten gefuttert werden. Längst bekannt sind etwa Burger oder Buttermilch-Pfannkuchen mit Speck. Dazu haben aber auch die Chefs großer Restaurants das einstige Arme-Leute-Produkt für sich entdeckt: Jakobsmuscheln mit Spargel und Speck, knusprige Ferkel-Lende mit Speck und Apfel-Variationen, Bacon-Schoko-Käsekuchen - nichts ist unmöglich, alles ist erlaubt.

Dass der Frühstücksspeck wegen seines hohen Fettanteils im Verdacht steht, Herzkrankheiten, Diabetes und sogar Krebs zu befördern, tut der Begeisterung ebenso wenig Abbruch wie die steigenden Verkaufspreise im Supermarkt. Zwar sind manche Restaurants wegen der zunehmenden Kosten dazu übergegangen, den Speck dünner zu schneiden oder stattdessen Würstchen zu offerieren. Doch im ganz überwiegenden Teil des Landes geht das Specktakel weiter. Es gibt Whiskey, Cocktails und Zahnpasta mit Bacon-Geschmack, Bacon-Eis, Bacon-Kaugummi und Bacon-Nachtisch, Bacon-Partys und Bacon-und-Bourbon-Festivals. Ein koreanisches Restaurant im New Yorker Stadtteil Williamsburg bietet ausschließlich Schweinebauch-Gerichte an, darunter Bacon-Sushi, und in Brooklyn verkauft ein Sandwichladen gar Bacon am Stil. Zwei Drittel der Amerikaner würden Umfragen zufolge eine Petition unterschreiben, in der gefordert wird, Bacon offiziell zum US-Nationalgericht zu erklären.

Allein sind die Amerikaner mit ihrer Affenliebe zum Bacon übrigens nicht. Auch die Briten sind Speck-Enthusiasten, ebenso die Kanadier. In einer nicht ganz ernst gemeinten Umfrage wollte vor Jahren ein kanadischer Konzern von den Menschen im Land wissen, was sie - könnten sie nur eines von beiden haben - bevorzugen würden: Bacon oder Sex. 43 Prozent antworteten: Bacon.

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