Ernährung:Schluss mit den Esel-Exporten

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Diese weißen Esel aus dem Burgenland sind nicht als Exportware gedacht - im Vergleich zu ihren Artgenossen aus Afrika. (Foto: Nicolas Armer/dpa)
  • In China werden Snacks aus Eselsprodukten als gesundheitsfördernde Delikatesse gefeiert.
  • Weil ihnen die Esel ausgehen, importieren sie diese aus Afrika, doch dort geraten deswegen Menschen in Existenznöte.
  • Niger und Burkina Faso haben bereits ein Ausfuhrverbot verhängt.

Von Tobias Zick

Während der Esel in Deutschland - verhaltensbiologisch völlig unhaltbar - als dumm oder störrisch verunglimpft wird, genießt er in anderen Kulturkreisen vorurteilsfreien Zuspruch. In China etwa wird das Nutztier in Form gesunder Snacks sehr geschätzt: Wer in Scheiben servierte Gelatine aus Eselshaut oder -knochen verspeist, mit Nüssen und Beeren verfeinert, darf sich angeblich auf ein gestärktes Immunsystem und eine respektable Libido freuen. Die wachsende chinesische Mittelschicht hat die Nachfrage zuletzt in die Höhe getrieben, auf der Angebotsseite allerdings hakt es: Von Jahr zu Jahr werden im Land weniger Esel gezüchtet, weil in der Landwirtschaft Traktoren und Laster die Tiere ersetzen.

Um die Nachfrage trotzdem zu befriedigen, verlegen sich manche Hersteller auf Tricks: Immer wieder fliegen Scharlatane auf, die den Konsumenten Gelatine vom Pferd oder Schwein unterjubeln. Solche Fake-Produkte sind auch für regelmäßige Konsumenten geschmacklich kaum vom Original zu unterscheiden, ihnen wird aber freilich nicht dessen Wirkung auf den Organismus nachgesagt. Der Bedarf an echten Eseln ist deshalb gewaltig - und diesen Bedarf stillt China zunehmend auf dem Weltmarkt, genauer: in Afrika. Der fernöstliche Hunger auf das tierische "functional food" wurde zuletzt so groß, dass sich jetzt die Regierung des westafrikanischen Niger gezwungen sah, die Ausfuhr von lebenden Eseln sowie deren Häuten und Knochen zu verbieten.

80 000 Esel haben Niger schon verlassen - allein seit Anfang des Jahres

Der Handel hatte Ausmaße angenommen, die das Land - es gehört zu den ärmsten der Welt - lahmzulegen drohten. Seit Beginn dieses Jahres haben bereits etwa 80 000 Esel Niger verlassen, im gesamten Vorjahr waren es dagegen nur 27 000. Mit der Nachfrage sind auch die Preise auf den nigrischen Viehmärkten explodiert: Dort verlangen Händler inzwischen bis zu 130 Euro für ein ausgewachsenes Tier - etwa viermal so viel wie im vergangenen Jahr. Angesichts der prächtigen Margen haben viele Züchter das Geschäft mit Ziegen und Schafen eingestellt und sich ganz auf Esel verlegt. Die Tiere verlassen das Land meist über das benachbarte Nigeria, wo sie weiterverarbeitet und Richtung Fernost verschifft werden.

Erst Anfang August hatte auch Burkina Faso ein ähnliches Ausfuhrverbot verhängt wie nun Niger: um eine, wie die Regierung erklärte, "Ausrottung" der Art zu verhindern. In beiden westafrikanischen Ländern sind Esel weder Grundlage für Medizinprodukte noch für Delikatessen, sondern Hauptverkehrsmittel für Menschen und Waren. Wenn die Tiere für Kleinbauern nicht mehr erschwinglich sind, geraten Millionen ohnehin fragiler Existenzen in Gefahr.

Den Erlass, der die Ausfuhr von Eseln im Ganzen oder in Teilen "streng" verbietet, haben denn auch gleich drei nigrische Ministerien gemeinsam unterzeichnet: die Ressorts für Viehzucht, Inneres und Handel. Allerdings ist fraglich, wie konsequent sich das Verbot durchsetzen lässt. Das Beispiel eines anderen in China begehrten Tierprodukts - Elfenbein - zeigt, wie wenig Verbote nützen, solange die Schwarzmarktpreise die Gehälter von Polizisten und Zollbeamten so weit in den Schatten stellen.

© SZ vom 10.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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