"Equal Pay Day 2014":80 Tage umsonst

An diesem Freitag ist "Equal Pay Day" - symbolisch der Tag, bis zu dem eine Frau über den Jahreswechsel hinaus arbeiten müsste, um auf das Durchschnittsgehalt eines Mannes zu kommen. Deutschland ist beim ungleichen Lohn einer der traurigen Spitzenreiter.

Von Sibylle Haas

Equal Pay Day Europa Karte

"Equal Pay Day" in verschiedenen europäischen Ländern einschließlich der Türkei und Russlands

(Foto: SZ-Karte)

Fast überall in Europa verdienen Frauen weniger als Männer. Im EU-Durchschnitt beträgt die Lohnlücke 16,2 Prozent. Deutschland gehört zu den traurigen Spitzenreitern. Hier verdienen Frauen im Durchschnitt 22 Prozent weniger als Männer, zeigen jüngste Berechnungen des Statistischen Bundesamts. Die Kluft ist seit Beginn der Statistik im Jahr 2006 nahezu unverändert groß geblieben.

An diesem Freitag ist "Equal Pay Day". Das ist symbolisch der Tag, bis zu dem Frauen über den Jahreswechsel hinaus arbeiten müssen, um rechnerisch auf das Durchschnittsgehalt eines Mannes zu kommen. Jedes Jahr rechnet das Frauennetzwerk Business and Professional Women (BPW) Germany für Deutschland den "Equal Pay Day" aus. In diesem Jahr fällt dieser Tag für gleiche Bezahlung auf den 21. März. Das Datum ergibt sich wie folgt: 22 Prozent von 365 Tagen = 80 Tage. Frauen arbeiten hierzulande - rechnerisch betrachtet - also 80 Tage umsonst.

Auch in Führungsjobs und hochqualifizierten Tätigkeiten in der Privatwirtschaft sind Frauen beim Gehalt benachteiligt. Wie das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin mitteilt, haben Frauen 2012 durchschnittlich 4000 Euro im Monat verdient, Männer dagegen rund 5200 Euro. Damit beträgt die Lohnlücke auch hier fast ein Viertel. Allerdings arbeiteten Männer in der Woche mit 47 Stunden zwei Stunden mehr als Frauen.

Was könnte Frauen den Aufstieg ermöglichen?

"Die durchschnittliche absolute Verdienstdifferenz zwischen den Geschlechtern verringerte sich nur wenig in den letzten zehn Jahren", sagt DIW-Forschungsdirektorin Elke Holst. Die Volkswirtin untersucht seit mehr als 20 Jahren, warum so vielen Frauen im Job der Aufstieg verwehrt bleibt. Flexible Karrieremodelle und mehr Transparenz bei der Besetzung von Führungspositionen und der Entlohnung könnten helfen, mehr Frauen den Aufstieg in besser bezahlte Jobs zu ermöglichen, betont Holst. Das DIW berücksichtigte Daten von Direktoren, Vorständen, Geschäftsführern, Abteilungsleitern und Ingenieuren.

Der "Equal Pay Day" wurde 2008 auf Initiative des BPW in Deutschland ins Leben gerufen und wird vom Bundesfrauenministerium unterstützt. Die Idee stammt aus den USA. Initiatorinnen waren die amerikanische BPW, die 1988 die "Red Purse Campaign" (Initiative Rote Tasche) erfunden haben, um auf die bestehende Lohnlücke hinzuweisen. Diesen Gedanken griff der BPW in Deutschland auf und startete 2007 die Initiative Rote Tasche, aus der ein Jahr später die Idee für den "Equal Pay Day" entstanden ist. Die roten Taschen stehen sinnbildlich für die roten Zahlen in den Geldbörsen der Frauen. Sie sind zum Symbol für den Tag der gleichen Bezahlung geworden.

"Der ,Equal Pay Day' wird immer wichtiger", sagt BPW-Präsidentin Henrike von Platen. "Auch wenn es viel zu langsam vorangeht, merken wir doch, dass sowohl in den Chefetagen als auch in den Büros und den Wohnzimmern über das Thema diskutiert wird und das europaweit", so Platen.

Auch in der Politik ist das Thema angekommen. Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig und Arbeitsministerin Andrea Nahles (beide SPD) machen sich anlässlich des "Equal Pay Day" für mehr Lohngerechtigkeit stark. Schwesig betonte, die direkte Lohndiskriminierung solle durch ein Gesetz beseitigt werden. Nahles sagte, viele Frauen würden durch Erziehungspausen im Erwerbsleben abgehängt. Die Teilzeitfalle beeinträchtige Einkommens- und Aufstiegsperspektiven. Die Koalition wolle daher ein Rückkehrrecht auf Vollzeit einführen.

Die Ursachen für die Lohndifferenz liegen nach Angaben des Statistischen Bundesamts in der unterschiedlichen Berufs- und Branchenwahl von Frauen und Männern sowie in ungleich verteilten Führungs- und Qualifikationsmerkmalen. Hinzu komme, dass Frauen häufiger in Teilzeit arbeiten. "Es reicht nicht, die Beschäftigungszahlen von Frauen zu erhöhen", erklärt daher BPW-Präsidentin Platen. Frauen müssten öfter als bisher in qualifizierten Jobs unterkommen und auf der Karriereleiter aufsteigen.

Anmerkung der Redaktion: Das Statistische Bundesamt unterscheidet zwischen dem unbereinigten und dem bereinigten Gender Pay Gap. Beim unbereinigten Gender Pay Gap (wie oben genannt) werden die Durchschnittsverdienste aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer berechnet und miteinander verglichen. Der bereinigte Gender Pay Gap bezieht sich hingegen auf die Durchschnittsverdienste von Frauen und Männern, mit vergleichbaren Qualifikationen, Tätigkeiten und Erwerbsbiographien. Der bereinigte Lohnunterschied wird nicht jedes Jahr ermittelt, er betrug zuletzt sieben Prozent (2010).

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