Einst brachte die Kohle viel Kohle. England, das Mutterland der industriellen Revolution, das Land von Dampfmaschinen und Dampflokomotiven, brauchte den Bergbau, um seine Position als führende Industrienation in Europa zu behaupten. Seit 300 Jahren gibt es Kohlebergwerke in England, es waren einmal 3000 Gruben, die mehr als einer Million Menschen auf der Insel einen Arbeitsplatz boten. Aber das ist hundert Jahre her. Ende dieses Jahres verabschiedet sich England von der Kohle: U.K. Coal Mining Holdings, der Betreiber des letzten Bergwerks, gab jetzt bekannt, dass die Mine in Kellingley in der Nähe von Leeds im Dezember geschlossen wird.
Nordengland, das ist Bergbau, das sind robuste Männer aus Liverpool oder Manchester, die hart für ihr Geld arbeiten, um nach Feierabend ihren Traditionsklub an der Anfield Road oder im Old Trafford zum Sieg zu singen. You'll never walk alone. Der Norden von England hat in vielen Köpfen noch immer das Image der etwas rauen, aber liebeswerten Arbeitergegend, die sich von der kühlen Finanzmetropole London abgrenzt.
Realistisch sind diese romantischen Arbeiterklischees schon lange nicht mehr: "Die britische Kohleindustrie befindet sich seit 40 Jahren im Niedergang", sagte Paolo Coghe, Analyst von Société Generale, der Nachrichtenagentur Bloomberg. Die Preise der englischen Bergwerke seien nicht mehr konkurrenzfähig, vor allem aus Australien und Kolumbien komme günstigere Kohle. Der Abschied vom letzten Bergwerk scheint konsequent zu sein: An der Anfield Road kostet das günstigste Ticket für ein Spiel des FC Liverpool ohnehin schon arbeiterunfreundliche 51 Euro. Die Region ist im Umbruch, in Manchester siedeln sich immer mehr Unternehmen aus der Finanz- und Versicherungsbranche an, die sich London nicht leisten wollen. Kohle sparen, um viel Kohle zu scheffeln.