Energiewirtschaft:Störanfällig

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In Datteln in Westfalen baut Uniper ein Kohlekraftwerk. (Foto: Bernd Thissen/dpa)

Vor einem Jahr hat Eon seine Kraftwerkstochter ausgelagert und an die Börse gebracht. Seitdem gewinnen beide Konzerne kräftig an Wert. Doch nun droht der neuen Firma Uniper politisches Ungemach - auch aus den USA.

Von Benedikt Müller, Düsseldorf

Es war ein radikaler Schritt, den der Energieversorger Eon vor knapp einem Jahr gegangen ist: Der Essener Konzern brachte seine Kraftwerkstochter Uniper als eigenständiges Unternehmen an die Börse; den Wert seiner Kraftwerke musste es um Milliarden nach unten korrigieren. Denn gerade Kohlekraftwerke sind in Westeuropa auf dem Rückzug; Eon sieht seine Zukunft nun im Geschäft mit Netzen und erneuerbaren Energien. Wer schon vor September 2016 Eon-Aktionär war, hat seitdem Eon- und Uniper-Anteile im Depot - quasi das neue und das alte Eon.

Heute zeigt sich: Aus Anlegersicht ist die Teilung bislang ein Erfolg. War der Eon-Konzern vor der Aufspaltung an der Börse gut 16 Milliarden Euro wert, ist alleine das neue Eon heute schon gut 19 Milliarden Euro schwer. Hinzu kommt die Tochter Uniper mit einem Börsenwert von knapp sieben Milliarden Euro. Die beiden Eon-Bestandteile sind heute somit 61 Prozent mehr wert als der eine Konzern vor der Teilung. Dieser Wertzuwachs - freilich begünstigt durch steigende Strompreise - ist ein Vielfaches dessen, was die Dax-Konzerne oder europäischen Versorger-Aktien im selben Zeitraum zulegten.

Neue US-Sanktionen könnten die Finanzierung einer Pipeline durch die Ostsee betreffen

So wird am Beispiel der Energieriesen die Logik vieler Konzern-Aufspaltungen der vergangenen Jahre deutlich. Eon kann etwa von Anlegern profitieren, die gezielt in erneuerbare Energien investieren, aber kein Geld in Kohlekraftwerke anlegen wollen. Da Eon nur noch 47 Prozent der Uniper-Anteile hält, tauchen die Kraftwerke der Tochter nicht mehr in der Eon-Bilanz auf. Uniper ist für Eon eine reine Finanzbeteiligung, die man demnächst verkaufen könnte, um die hohe Verschuldung abzubauen. Auch diese Aussicht auf mögliche Käufer für Uniper treibt die Kurse nach oben.

Am Dienstag hat Uniper-Chef Klaus Schäfer in Düsseldorf solide Halbjahreszahlen vorgelegt - und stellt nun eine 25 Prozent höhere Dividende in Aussicht. Es zeigt sich aber auch, wie unterschiedlich die politischen Rahmenbedingungen sind: Während Eon dieser Tage zum Beispiel öffentlich geförderte Ladestationen für Elektroautos errichtet, muss sich Uniper auf den Kohleausstieg vieler europäischer Staaten gefasst machen - womöglich sogar auf Sanktionen seitens der USA.

Der Hintergrund: Gemeinsam mit vier anderen europäischen Energiefirmen finanziert Uniper den Bau der Pipeline Nord Stream 2 mit. Die neue Ostsee-Röhre soll künftig noch mehr Erdgas von Russland nach Europa befördern, da der Bedarf auf dem Kontinent steigt, die eigene Förderung in Staaten wie Norwegen aber nicht ausreichen dürfte. Eigentlich will der russische Konzern Gazprom im nächsten Jahr mit dem Bau beginnen. Doch haben die USA in der vergangenen Woche ein neues Sanktionsgesetz beschlossen, das auch europäische Unternehmen treffen könnte, die mit Russland zusammenarbeiten.

Uniper-Chef Schäfer warnte am Dienstag, mit derlei Sanktionen wolle Amerika nur seine Position auf dem weltweiten Energiemarkt ausbauen. "Die USA setzen die europäische Versorgungssicherheit aufs Spiel", sagt Schäfer, "und das nur, um eigene Interessen durchzusetzen und Arbeitsplätze auf amerikanischem Boden zu sichern." Noch ist allerdings unklar, ob und wie Präsident Trump die neuen Sanktionsmöglichkeiten einsetzen wird. Auch EU-Kommission und Bundesregierung hatten das Gesetz aus Washington kritisiert.

Der M-Dax-Konzern Uniper erzeugt nicht nur Strom in Deutschland und Russland, er liefert auch Gas - und betreibt Kraftwerke im europäischen Ausland. Ebenfalls ein sehr politisches Terrain, hat doch etwa Frankreich einen Kohleausstieg bis 2022 angekündigt. Großbritannien will bis 2025 folgen; dort birgt obendrein der geplante Brexit Unsicherheiten.

In einer Energiewelt, die immer grüner wird, sieht sich Uniper als Versorger, der seine Kraftwerke zu jeder Tages- und Nachtzeit schnell hochfahren kann. "Das unterscheidet uns von manchem Wettbewerber, der zwar bei gutem Wetter sauberen Strom produzieren kann", sagt Schäfer. Wenn es eng werde, seien die Erneuerbaren aber auf Uniper angewiesen.

Damit dieses alte Geschäft weiter Gewinne abwirft und für Investoren attraktiv bleibt, hat Uniper zu Beginn ein Sparprogramm aufgesetzt: Die jährlichen Kosten sollen um 400 Millionen sinken. Schon seit Frühjahr diskutieren Manager und Gewerkschaften über einen Personalabbau und künftige tarifliche Regelungen. Dem Vernehmen nach steht in der nächsten Woche die entscheidende Verhandlung an.

© SZ vom 09.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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