Ökostrom-Förderung:Warum sich die Energiewende lohnt

Die Kritiker werden die Energiewende sofort und grundsätzlich infrage stellen: Wenn an diesem Montag veröffentlicht wird, wie viel die Ökostrom-Förderung die Verbraucher im kommenden Jahr mehr kostet, wird von energiepolitischem Unsinn die Rede sein. Doch haben Zweifler und Zauderer noch nie große Geschichte geschrieben. Für Wandel und Reformen braucht es Mut und Durchhaltevermögen.

Silvia Liebrich

Energiewende Fossile Brennstoffe Ökostrom

Privathaushalte müssen für Strom derzeit etwa 50 Prozent mehr ausgeben als vor zehn Jahren.

(Foto: dpa)

Keine Frage, es wird ein Sturm der Entrüstung losbrechen. Wenn an diesem Montag veröffentlicht wird, wie viel die Ökostrom-Förderung die Verbraucher im nächsten Jahr mehr kostet, werden sich die Kritiker sogleich überschlagen und die Energiewende grundsätzlich infrage stellen. Von energiepolitischem Unsinn wird die Rede sein, von unakzeptablen Härten für Wirtschaft und Konsumenten.

Den Ewiggestrigen sei gesagt: Zweifler und Zauderer haben noch nie große Geschichte geschrieben. Für Wandel und Reformen braucht es Mut und Durchhaltevermögen. Das gilt erst recht für den Aufbruch in ein neues Energiezeitalter - und genau darum geht es hier.

Die Energiewende und alles was damit verbunden ist, gehört zu jenen gewaltigen Vorhaben, für die ein langer Atem und Kompromissbereitschaft notwendig sind. Fehler und Kurskorrekturen sind da unvermeidbar, schließlich gibt es kein Patentrezept. Wenn es also im Getriebe des Wandels kracht, wie nun bei der EEG-Umlage, rechtfertigt das allenfalls eine Neujustierung bei der Förderung von erneuerbaren Energien, aber keinesfalls einen Rücktritt von der Energiewende.

Wissenschaftler wie der amerikanische Ökonom Jeremy Rifkin bezeichnen die Energiewende zu Recht als dritte industrielle Revolution. Ein Umbruch, bei dem es um weit mehr geht, als den Ausstieg aus der Atomenergie, deren Risiken als unkalkulierbar gelten. Vor allem geht es um das Ende des fossilen Energiezeitalters, das zweifellos bevorsteht.

Die Energiewende wird deshalb einen ähnlich tief greifenden ökonomischen, politischen und gesellschaftlichen Wandel auslösen, wie die industrielle Revolution in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Ein Umbruch, der durch den groß angelegten Abbau von Kohle und technologische Erfindungen wie der Dampfmaschine überhaupt erst möglich wurde.

Die Elektrifizierung in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts löste die nächste Welle der Industrialisierung aus. Henry Ford entwickelte mit der "Tin Lizzie" das erste Fahrzeug, das auch für die breite Masse erschwinglich war. Das Auto als Inbegriff von Freiheit und Wohlstand - ohne billiges Öl hätte es seinen Siegeszug nie antreten können. Die Globalisierungswelle der vergangenen zwei Jahrzehnte - ohne billiges Öl unvorstellbar.

Billige Energie gibt es nicht mehr

Doch der von billiger Energie geprägte Lebensstil lässt sich so kaum aufrecht erhalten. Das weltweite Wirtschaftswachstum, angetrieben durch die Aufholjagd Chinas und anderer Schwellenländer, lässt den Ölverbrauch nur noch schneller nach oben schießen. Unterdessen droht der Nachschub zu versiegen.

Die Menschheit hat es geschafft, in kaum hundert Jahren einen großen Teil der fossilen Energiereserven zu verschleudern, die über einen Zeitraum von Jahrmillionen entstanden sind. Der größte Teil der Ölvorräte gilt inzwischen als verbraucht, auch die Gas- und Kohlevorräte gehen zur Neige. Weil leicht zugängliche Lagerstätten inzwischen ausgebeutet sind, wird die Nutzung noch nicht erschlossener Reserven nicht nur teurer, sondern auch riskanter.

Ein deutliches Indiz für die zunehmende Knappheit fossiler Rohstoffe ist die Preisentwicklung. Die nackten Zahlen zeigen, dass sich der Ölpreis seit 2002 verfünffacht hat. Steinkohle und Heizöl kosten mehr als doppelt so viel. Gas hat sich für Verbraucher um mehr als 50 Prozent verteuert.

Zum Vergleich: Privathaushalte müssen für Strom derzeit etwa 50 Prozent mehr ausgeben als vor zehn Jahren. Es ist also nicht der Umstieg auf erneuerbare Energien, der Strom in den vergangenen Jahren verteuert hat, sondern der Preisauftrieb fossiler Brennstoffe.

Umso wichtiger ist es deshalb, entschieden in erneuerbare Energien zu investieren. Sonne und Wind sind Energielieferanten, die im Gegensatz zu Öl, Gas, Kohle oder Uran nichts kosten. Ein weiterer Vorteil ist, dass die Erneuerbaren dem Klima nicht schaden. Viel Geld kostet jedoch der Aufbau einer Infrastruktur, etwa der Ausbau von Stromnetzen.

Je schneller und effizienter der Aufbau einer neuen Energieversorgung gelingt, umso rascher können Verbraucher und Industrie von diesen Ausgaben profitieren, und zwar in Form von stabilen, vielleicht sogar sinkenden Strompreisen. Ein Argument, das bei der Diskussion um die Energiewende von den Gegnern nur allzu gern unter den Tisch gekehrt wird. Sicher ist, der Aufbruch in ein neues Energiezeitalter ist nicht zum Nulltarif zu haben, doch Alternativen dazu gibt es nicht.

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