Energiepolitik:Röttgen fordert Modernisierung der Wirtschaft

Umdenken für den Klimaschutz: Der neue Bundesumweltminister verlangt im SZ-Interview einen radikalen Umbau der Energieversorgung.

M. Bauchmüller und S. Braun

Nach der Kabinettsklausur auf Schloss Meseberg hat Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) eine weitreichende Modernisierung der deutschen Wirtschaft verlangt. In den nächsten zehn Jahren werde es "eine ziemlich grundlegende Änderung in der Wirtschaftsweise geben" müssen, sagte Röttgen im Interview mit der Süddeutschen Zeitung, "insbesondere in der Energiewirtschaft".

Energiepolitik: Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) im Bundestag in Berlin.

Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) im Bundestag in Berlin.

(Foto: Foto: dpa)

Grund dafür seien die Ziele, die sich die schwarz-gelbe Koalition beim Klimaschutz gesetzt habe. Union und FDP hatten sich in ihrem Koalitionsvertrag darauf verständigt, die deutschen Treibhausgasemissionen bis 2020 um 40 Prozent zu senken. Dies gelte auch dann, wenn sich die Staatengemeinschaft nicht auf schärfere Klimaziele einigt, betonte er. Das erfordere Änderungen sowohl bei der Erzeugung als auch beim Verbrauch von Energie, sagte der CDU-Politiker. Das deutsche Ziel ist derzeit die höchste Zusage, die ein Industriestaat für den Klimaschutz gemacht hat.

Vor allem die Förderung erneuerbarer Energien könnte nach Auffassung Röttgens helfen, das deutsche Klimaziel zu erreichen. "Wir werden so unabhängiger und sicherer in der Energieversorgung", sagte er. Die zusätzlichen Kosten für die Verbraucher hielten sich gemessen am Nutzen der Öko-Energien im Rahmen. Denkbar seien auch neue Standards für die effiziente Nutzung von Energie in Haushalten.

Mehr Chancen als Risiken

"Wir haben uns lange zu sehr auf das Energieangebot konzentriert und zu wenig auf den Verbrauch", sagte er. Das solle sich ändern. Zwar gebe es auch in der Wirtschaft vereinzelte Widerstände gegen einen solchen Umbau. Weite Teile der Industrie sähen aber mittlerweile mehr Chancen als Risiken in einer Modernisierung der Wirtschaft. "Die alte Struktur verteidigt sich, aber die neue ist auf der Gewinnerstraße."

Was ein solcher Strukturwandel etwa für die Kernkraft bedeutet, ließ Röttgen offen. Bis zum nächsten Oktober würden Wirtschafts- und Umweltministerium gemeinsam ein Energiekonzept vorlegen. Darin würden nicht einzelne Atommeiler betrachtet, sondern die deutsche Energielandschaft als Ganzes. Entscheidend für längere Laufzeiten für Reaktoren sei letztlich, "ob und wie sie sich in das Konzept einbetten". Langfristig allerdings bleibe als Ziel der komplette Umstieg auf erneuerbare Energien.

Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) forderte am Donnerstag in Berlin eine "technologieoffene und marktorientierte Energiepolitik" als Antwort auf den Klimawandel. In Deutschland zählt die Energiewirtschaft zu den Hauptquellen von Treibhausgasen. Vor allem Kohlekraftwerke stoßen hohe Mengen CO2 aus.

Für die Verhandlungen über ein neues globales Klimaabkommen, die in gut zwei Wochen in Kopenhagen beginnen, zeigte sich Röttgen optimistisch. "Wir haben aus den Verhandlungen keinen Hinweis, dass wir scheitern werden", sagte Röttgen. Daran ändere auch die Absicht nichts, ein Abkommen in zwei Stufen erreichen zu wollen, wie es insbesondere die USA fordern. Nichtsdestotrotz müssten schon in Kopenhagen "konkrete Zahlen und Ziele" vereinbart werden.

So müssten sich die Industriestaaten verpflichten, ihre Emissionen um 30 Prozent zu mindern. Gleichzeitig warnte er die USA, ihren Führungsanspruch zu gefährden. "Führen wollen und bremsen zugleich geht nicht."

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