Energie:Vier Stromnetze, ein Preis

In letzter Minute hat sich die Koalition auf einheitliche Entgelte für die Stromnetze geeinigt. Für die Kunden im Norden und Osten wird Strom billiger.

Von Michael Bauchmüller, Berlin

Millionen Stromkunden in Nord- und Ostdeutschland dürfen sich auf sinkende Kosten einstellen. Buchstäblich in letzter Minute haben sich Fachpolitiker von Union und SPD am Dienstag auf bundesweit einheitliche Entgelte für das Stromnetz geeinigt. Binnen vier Jahren sollen demnach von 2019 an die Netzentgelte angeglichen werden. Damit müssten alle Stromkunden gleichermaßen die Kosten für die Anbindung von Wind- und Solarparks schultern - und nicht nur die, in deren Netzgebieten sie entstehen. Weil sich vor allem die Windparks im Norden und Osten ballen, waren die Entgelte der dortigen Netzbetreiber Tennet und 50 Hertz teils fast doppelt so hoch wie die der anderen beiden Netzfirmen, Amprion und Transnet BW. Sie betreiben die Fernleitungen im Westen und Südwesten der Republik. Die Netzentgelte machen rund ein Viertel der Stromkosten aus.

Bis zuletzt war unklar, ob sich die Koalition noch rechtzeitig würde einigen können - diesen Freitag ist die letzte reguläre Sitzung des Bundestags vor der Wahl. Vor allem die Industrie in Westdeutschland hatte sich gegen die Angleichung gewehrt, die für sie weit höhere Kosten bedeuten würde. Doch mit dem Kompromiss der Koalition wird sie nun an anderer Stelle entlastet: So sollen die Kosten für die Anbindung von Offshore-Windparks künftig nicht mehr über die Netzentgelte abgerechnet werden. Stattdessen wandern sie in die "Haftungsumlage" für Meereswindparks. Die war für Windparks geschaffen worden, die ohne eigenes Zutun ihren Strom nicht verkaufen können, weil etwa die nötigen Leitungen fehlen. Der Trick daran: Auf diese Umlage bekommen die Großverbraucher von Strom vom nächsten Jahr an einen Rabatt, wie sie ihn schon beim Ökostrom-Gesetz EEG genießen. 1,2 Milliarden Euro verschwinden so aus den Netzentgelten, tauchen aber über Umwege nun wieder auf der Stromrechnung auf - aber eben nicht auf jener der großen Industriebetriebe.

"Diese Einigung bringt ein einheitliches Netzentgelt und damit eine faire Verteilung der Stromkosten bundesweit", lobte SPD-Fraktionsvize Carsten Schneider; der Unions-Energieexperte Thomas Bareiß sprach von einer "ausgewogenen" Lösung. Noch diesen Mittwoch sollen sich die Ausschüsse mit dem Gesetz befassen, anschließend der Bundestag. Danach muss Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD) nur noch die entsprechende Verordnung erlassen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: