Ende der Subventionierung:Bergbau droht vorzeitiges Aus

Hickhack um die Stilllegung deutscher Zechen: Nach dem Grubenbeben an der Saar steht der Zeitplan für den Ausstieg aus dem Bergbau auf der Kippe.

Hans-Willy Bein

Für den deutschen Steinkohlebergbau zeichnet sich ein früheres Ende als der ursprünglich geplante Auslauf im Jahr 2018 ab. Die Bundesregierung und das Kohleland Nordrhein-Westfalen (NRW) sind gegen den längeren Betrieb einer Ruhrgebietszeche als Ausgleich für die vorzeitige Beendigung der Kohleförderung an der Saar nach dem heftigen Grubenbeben im Februar. Damit fehlt dem deutschen Bergbau mit seinen etwa 30.000 Beschäftigten voraussichtlich die Basis für den Betrieb von Zechen bis zum Jahr 2018.

Ende der Subventionierung: Auf der Kippe: Nach dem Grubenbeben an der Saar droht dem Bergbau in Deutschland das vorzeitige Aus.

Auf der Kippe: Nach dem Grubenbeben an der Saar droht dem Bergbau in Deutschland das vorzeitige Aus.

(Foto: Foto: dpa)

Die von hohen Subventionen abhängige Förderung von Steinkohle in Deutschland soll nach den politischen Beschlüssen bis zum Jahr 2018 beendet werden. Eine Klausel im Gesetz sieht vor, dass dieser Beschluss 2012 überprüft wird und aufgehoben werden kann, wenn es mit Blick auf die internationale Versorgungslage angeraten erscheint.

Inzwischen spricht vieles dafür, dass dies nur noch eine theoretische Variante ist. Denn das heftige Grubenbeben im saarländischen Ensdorf im Februar dieses Jahres hat die Bergbauplanung durcheinandergebracht. Sollte die bisher besonders effiziente Zeche Ensdorf eigentlich bis zum Jahr 2014 betrieben werden, wird die seit dem Beben ohnehin stark reduzierte Förderung an der Saar nun wahrscheinlich schon zwei Jahre früher eingestellt.

Stilllegungsplan auf der Kippe

Zum Ausgleich wollte die Zechengesellschaft RAG das Ende 2009 zur Stilllegung vorgesehene Bergwerk Ost in Hamm im Ruhrgebiet länger betreiben. Einen entsprechenden Beschluss fasste nach Informationen der Süddeutschen Zeitung der Aufsichtsrat auf einer außerordentlichen Sitzung Ende April.

RAG-Chef Bernd Tönjes leistete dem Vernehmen nach mit dem Hinweis Argumentationshilfe, die Zeche liefere inzwischen stark nachgefragte Kokskohle. Während Teilnehmer berichteten, der telefonisch zugeschaltete nordrhein-westfälische Finanzminister Helmut Linssen habe sich an der Abstimmung nicht beteiligt, berichteten andere, er sei überstimmt worden. Das wäre ein Novum, denn das Revierland steuert annähernd ein Drittel der jährlichen Kohlesubventionen in Höhe von fast 2,5 Milliarden Euro bei. Gemeinsam mit dem Bundeswirtschaftsministerium macht NRW dem Vernehmen nach inzwischen gegen den Beschluss mobil.

Nach Einschätzung von Kennern der Verhältnisse wird der RAG-Aufsichtsrat in einer neuerlichen Abstimmung am 9. Juni nicht umhin kommen, dem Willen der Politik zu folgen und eine entsprechende Bergbauplanung zu verabschieden. Sollte es dann bei den ursprünglichen Plänen bleiben und das Bergwerk Ost mit seiner Förderung von derzeit 1,3 Millionen Tonnen Kohle 2009 dichtgemacht werden, steht der gesamte Stilllegungsplan für den Bergbau auf der Kippe. Ohne die Saar-Zeche und das Bergwerk Ost würde die RAG im Jahr 2012 zu wenig Kohle fördern, um den Auslaufplan bis 2018 strecken zu können.

Stiftungschef unter Druck

Stark unter Druck geraten ist in diesem Zusammenhang der frühere BP-Manager Wilhelm Bonse-Geuking. Er ist Chef der RAG-Stiftung, deren Aufgabe es ist, den Auslauf des Bergbaus zu realisieren, ohne dass es zu Kündigungen kommt. Zur Finanzierung der Bergbaulasten soll die Stiftung den aus der früheren Ruhrkohle hervorgegangenen Evonik-Konzern an der Börse und bei Finanzinvestoren zu Geld machen.

Bonse-Geuking, der auch Vorsitzender des Aufsichtsrats der Zechengesellschaft RAG ist, war auf Empfehlung von Evonik-Chef Werner Müller in das Amt als Chef der Stiftung berufen worden und mit großen Vorschusslorbeeren gestartet. Mit Hinweis auf die Revisionsklausel hat er es bislang abgelehnt, einen Plan für Stilllegungen vorzulegen, der über das Jahr 2012 hinausgeht. Dabei macht die EU-Kommission in Brüssel ihre Zustimmung zu Beihilfen von einer Bergbauplanung bis zum Jahr 2018 und neben politischen Regelungen auch von verbindlichen Beschlüssen der Unternehmensgremien abhängig.

Bonse-Geuking hatte in Berlin auch in anderer Sache für Kopfschütteln gesorgt. So legte er sich mit dem Bundesrechnungshof an, indem er über Anwälte mitteilen ließ, die Behörde sei nicht für die Prüfung des Zahlenwerks der Stiftung zuständig. Inzwischen liegen anders lautende Bescheide und Auflagen des Bundeswirtschaftsministeriums vor. Die Stiftung müsse sich vom Bundesrechnungshof und den Landesrechnungshöfen Nordrhein-Westfalen und des Saarlandes prüfen lassen.

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