Emissionshandel:Reserve fürs Klima

Emissionshandel

Qualmende Schornsteine: Mit der Einigung könnte der Ausstoß von Treibhausgasen verringert werden.

(Foto: Patrick Pleul/dpa)

Die bisherige Regelung hat sich als unwirksam für das Klima erwiesen. Nun haben sich die EU-Umweltminister auf eine Reform des Emissionshandels geeinigt.

Von Michael Bauchmüller und Thomas Kirchner, Brüssel/Berlin

Brüssel/Berlin - Die Reparatur des europäischen Emissionshandels kommt voran. Die EU-Umweltminister verständigten sich am Dienstagabend in Brüssel auf eine gemeinsame Position für die weiteren Verhandlungen über die künftige Gestalt des Klimaschutz-Instruments. Demnach sollen die Emissionszertifikate stärker verknappt werden als ursprünglich von der EU-Kommission vorgesehen. Auch soll es möglich werden, überschüssige Zertifikate endgültig zu löschen. "Die Zeit der dramatischen Zertifikats-Überschüsse ist bald vorbei", lobte Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD). Auch sei es gelungen, die deutsche Industrie von "unfairem Wettbewerb" zu schützen. Auch Umweltschützer zeigten sich verhalten optimistisch.

Der Emissionshandel soll eigentlich Anreize setzen, den Ausstoß von Treibhausgasen zu vermindern. Dazu hatte die EU schon 2005 eine Obergrenze für die Emissionen der Industrie gesetzt. Seitdem müssen Fabriken und Kraftwerke für jede Tonne Kohlendioxid, die sie ausstoßen, ein Zertifikat vorweisen. In der Theorie sollte dies dazu führen, dass die Belastung des Klimas einen Preis bekommt. Dieser sollte es lohnend machen, umweltfreundlicher zu wirtschaften. In der Praxis aber sorgt ein Überangebot von Emissionsrechten dafür, dass der Preis seit Jahren unter zehn Euro liegt. Derzeit kostet ein Zertifikat über eine Tonne Kohlendioxid-Ausstoß nur gut fünf Euro. Experten erwarten erst bei Preisen jenseits der 30 Euro spürbare Auswirkungen für den Klimaschutz.

Eine zusätzliche Verknappung der Emissionsrechte soll den Preis nach Willen der Umweltminister nun weiter steigen lassen. Dazu sollen Emissionsrechte in einer "Marktstabilitätsreserve" gebunkert werden. Dort bleiben sie solange, bis der Überschuss verschwunden ist. Sollten Zertifikate dagegen irgendwann übermäßig knapp werden, so die Idee, könnte die Reserve Emissionsrechte auf den Markt werfen.

Von 2019 an sollen daher vier Jahre lang doppelt so viele Zertifikate in die Reserve abfließen als ursprünglich geplant. Sie stünden dem Markt nicht mehr zur Verfügung und könnten nicht länger die Preise drücken. Alleine von der Ankündigung erhofft sich die EU eine Reaktion der Märkte. Unter bestimmten Bedingungen sollen auch Zertifikate komplett gelöscht werden können. Auf deutschen Druck hin wurde die Ausstattung der Industrie mit kostenlosen Zertifikaten zusätzlich ausgeweitet.

Umweltschützer hatten ein noch schwächeres Ergebnis befürchtet, auch ein Scheitern der Verhandlungen galt nicht als ausgeschlossen. "Gemessen an der Ausgangslage ist diese Entscheidung ein kleiner Schritt in die richtige Richtung", sagte Wendel Trio, Direktor des Klima-Netzwerks Can Europe. "Aber gemessen daran, wo wir sein müssten, um die Klimakrise zu stoppen, ist es eine verschwendete Gelegenheit."

Entschieden ist mit der Einigung noch nichts, Ende März beginnen nun die Verhandlungen mit dem EU-Parlament. Teilweise liegen Mitgliedstaaten und Parlamentarier auf einer Linie, etwa was die Auffüllung der Marktstabilitätsreserve angeht. Allerdings hatte das Parlament auch verlangt, gleich zu Beginn der neuen Handelsperiode 2019 Zertifikate über 800 Millionen Tonnen komplett zu streichen. Unter bestimmten Bedingungen sollten später weitere 200 Millionen Tonnen zusätzlich gestrichen werden können. "Wir glauben, dass wir mutige Schritte machen müssen", sagte der EU-Abgeordnete Peter Liese (CDU). "Nur dann wird der Emissionshandel sein Ziel erreichen." In den anstehenden Verhandlungen werde das Parlament "engagiert auftreten".

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