Elektromobilität:BMW will den 3er zum deutschen Tesla machen

BMW 330e iPerformance an einer Elektro-Ladesäule

Aktuell gibt es den BMW 3er noch nicht als reines Elektroauto, aber als Plug-In-Hybrid mit extern aufladbarer Batterie.

(Foto: BMW Group)

Schon in diesem Jahrzehnt soll der bayerische Verkaufsschlager auch mit Elektroantrieb erhältlich sein. BMW folgt damit dem wachsenden Druck aus der EU, Alternativen zum Verbrennungsmotor anzubieten.

Von Max Hägler

Das Erstaunen war groß vor vier Jahren. Das soll ein BMW sein, fragten die Spötter, als zeitgleich in New York, Peking und London der i3 vorgestellt wurde: Das erste Auto des Münchner Herstellers, das komplett für Elektroantrieb ausgelegt ist. Und ziemlich, naja, knuffig daherkommt. Für viele sieht der ungewöhnliche Wagen nicht nach sportlicher "Freude am Fahren" aus. Ein Nischenprodukt für Enthusiasten, wie die allermeisten Elektroautos, die am Markt erhältlich sind. Ein mutiges Konzept also, weit nach vorne gedacht - aber die Nachfrage war lange sehr zurückhaltend. Seit dieser Präsentation hörte man kaum noch Neues aus der BMW-Zentrale in Sachen Elektromobilität.

Doch jetzt steht offenbar der nächste Schritt an, und es ist ein großer. Ausgerechnet der 3er BMW, das meistverkaufte Modell, soll recht bald auch mit Batteriestrom herumfahren können. Ein Bau und Verkauf wäre dem Vernehmen nach noch in diesem Jahrzehnt möglich. Das Handelsblatt berichtet sogar, der Wagen mit 400 Kilometer Reichweite - das wäre doppelt so viel wie der bisherige i3 schafft - soll schon auf der großen Automesse IAA im September in Frankfurt präsentiert werden.

BMW will das Image vom Elektro-Pionier nicht aufgeben

Es wäre ein überraschender weiterer Punkt der im Herbst vorgelegten E-Strategie bei BMW. Die klingt bislang konservativ: Ungefähr jedes Jahr mal ein neues Modell, beginnend ab 2019. Lieber weiter mit bewährter Verbrennertechnik schöne Gewinne einfahren. Zwei Millionen Autos verkauft BMW, etwa ein Drittel davon sind: die 3er, diese kleinen Premiumautos. Einen offiziellen Kommentar gibt es nicht zu dem Plan, dass der nun auch vollelektrisch angeboten werden könnte. Aber auch kein Dementi. Erst in dieser Woche erklärte BMW-Finanzchef Nicolas Peter eindringlich: Die Elektrifizierung sei "ganz zentral". Und dafür gibt es gleich mehrere Gründe.

BMW will das Image vom Elektro-Pionier nicht aufgeben, das der i3 tatsächlich brachte: bislang ist man der drittgrößte E-Auto-Hersteller, nach der chinesischen Firma BYD und Tesla. Bleibt man dran, würde das auch dem Diesel-Skandal wieder etwas Positives entgegensetzen. Dann droht die Europäische Kommission mit neuen Quoten für ökologische Antriebe. Und schließlich ist da vor allem dieses Start-up aus Kalifornien, eben Tesla.

BMW-Finanzchef Peter betonte dieser Tage auch, was sein Unternehmen von den Amerikanern unterscheidet: 125 000 Mitarbeiter, 125 Jahre Geschichte. Aber Größe und Tradition zählen nicht mehr alleine. Gerade schrauben die nicht einmal 20 000 Mitarbeiter des kleinen, aber wachsenden US-Autobauers die ersten Exemplare des "Model 3" zusammen: Ein schicker Wagen für etwa 35 000 Euro - weit weniger als das luxuriöse "Model S" aus demselben Haus. Es ist ein direkter Angriff auf die Kundschaft des 3er BMWs. Und genau die wolle Tesla erreichen, haben sie in München analysiert. Nicht zuletzt die "3" weise darauf hin. "Die wollen uns provozieren", heißt es aus BMW, "das ist jetzt schon ein direkter Kampf."

In Brüssel wird an neuen Verkehrsgesetzen gearbeitet

Die Börse bewertet die Firmen bereits beinah als gleich wertvoll - jetzt könnten das auch die Kunden tun. Die Antwort muss schnell auf die Straße kommen und sollte nach "Freude am Fahren" aussehen. Also wird dem Vernehmen nach diesmal kein ganz neuer Wagen konstruiert. Statt "i"-Revolutionen sollen ganz normale 3er BMWs als Grundlage dienen, die bislang auf Benzin, Diesel und Hybridantriebe ausgelegt sind - aber nicht auf viele Batterien.

Die Beschleunigung bei alternativen Antrieben dürfte die EU-Kommission freuen. Dort arbeitet man dieser Monate an einer neuen Verkehrsgesetzgebung, am sogenannten "Zweiten Mobilitätspaket". Dabei wollen Maros Sefcovic, der Vizepräsidenten der Kommission, sowie Energie-und Klimakommissar Miguel Arias Canete das Klima verbessern. Es geht bei dem Projekt mit dem Titel "Europe on the Move" um die Reduzierung des Kohlendioxid-Ausstoßes ab dem Jahr 2020. Gerade werden in Brüssel Studien erstellt, wie das verwirklicht werden könnte.

Fest steht, dass die Elektromobilität massiv ausgebaut werden soll. Ein möglicher Ansatz dabei: Eine Quote, die Hersteller zum Verkauf von Autos verpflichtet, die wenig oder keine Abgase ausstoßen. Ein entsprechender Gedanke findet sich in offiziellen EU-Papieren, von "genauen Zielen" für den Autoabsatz ist die Rede. Bis November soll der Gesetzentwurf fertig sein und die meisten Autobauer hoffen, ohne Quote: Planwirtschaft sei nicht hilfreich. Wobei es der EU-Kommission nicht nur um die Umwelt geht, sondern auch um Jobs, um die Zukunft der wichtigen Branche.

Der Autoindustrie könnte es genauso ergehen wie einst der Fotokamera-Branche, warnte Sefcovic vor Kurzem bei einem Treffen mit Automobilisten. Den Wandel von der analogen Welt zur digitalen hätten einige Fotofirmen nicht überlebt. Jetzt sei der Transportsektor in einer ähnlichen Situation, etwa wegen der zunehmenden Konkurrenz bei Elektroautos: "Wir können es nicht als gegeben nehmen, dass Unternehmen auch in Zukunft einen garantierten Platz auf dem Markt haben, auch wenn sie traditionsreich, bestens bekannte und respektiert sind." Und dann: "Manche nennen das den Tesla-Moment." Es ist der Moment, an dem Vorstände merken, dass sie ihr Geschäft nicht einfach so weiter machen können. Der Moment, in dem etablierte Konzerne feststellen, dass sie ihr Geschäftsmodell neu erfinden müssen.

Wobei: Alles neu erfinden muss man nun auch nicht. Ein 3er mit Batterien - das ist immer noch: ein Auto.

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