Elektroautos:Tesla zieht es nach China

Der amerikanische Elektroautopionier plant offenbar ein Werk in Shanghai. Das könnte die Pläne für ein preiswertes Massenmodell beschleunigen.

Von C. Giesen, J. Schmieder, Los Angeles/Peking

Seit Jahren hält sich das Gerücht, dass Elon Musk, der umtriebige Chef des US-Elektroautoherstellers Tesla, eine Fabrik in China bauen möchte, um die Fertigungskosten für seine Fahrzeuge zu senken. Tesla soll schließlich nicht nur Luxusautos bauen, sondern mit der günstigeren Variante Model 3 den Massenmarkt grundlegend verändern. Zudem ist der chinesische Markt für Tesla bedeutsam, seit die Regierung in Peking die Elektromobilität zur Wachstumsbranche erkoren hat und den heimischen Markt für emissionslose Fahrzeuge kräftig förderte: 507 000 verkaufte Elektrofahrzeuge waren es im vergangenen Jahr - so viel wie nirgendwo sonst auf der Welt. Tesla hat seinen Umsatz in China 2016 auf mehr als eine Milliarde Dollar verdreifacht. Doch das Geschäft in der Volksrepublik soll noch viel größer werden.

Wie die Nachrichtenagentur Bloomberg berichtet, wurde nun offenbar eine Einigung über ein Tesla-Werk in China erzielt. Weder von Tesla noch aus China gibt es dafür bislang eine offizielle Bestätigung. Aus dem Umfeld von Tesla ist allerdings zu hören, dass bereits seit Monaten über einen Umzug in die Volksrepublik verhandelt wird und diese Beratungen offenbar fortgeschritten seien.

Ein wichtiger Partner scheint der Technologiekonzern Tencent zu sein

Tesla soll laut Bloomberg einen Vertrag mit der Stadtregierung in Shanghai geschlossen haben. Das neue Werk soll demnach in Lingang errichtet werden, einer Planstadt, die seit 2003 aufgebaut wird und bis 2020 fertig sein soll. Der Vorteil für Tesla: In China produzierte Fahrzeuge werden nicht mit einer Einfuhrsteuer von 25 Prozent belegt. Zudem könnte Tesla dann auch von den staatlichen Subventionen für Elektrofahrzeuge in China profitieren. Chinesische E-Auto-Käufer können derzeit umgerechnet mehrere Tausend Euro an staatlicher Prämie einstreichen. Für importierte Fahrzeuge gelten diese Regeln nicht.

Elektroautos: China ist ein wichtiger Markt für Tesla. Bald soll dort nicht nur verkauft, sondern auch produziert werden.

China ist ein wichtiger Markt für Tesla. Bald soll dort nicht nur verkauft, sondern auch produziert werden.

(Foto: Ng Han Guan/AP)

Ebenfalls interessant für Tesla wäre die geplante E-Auto-Quote in China, die möglicherweise bereits im kommenden Jahr, spätestens aber 2019 in Kraft treten wird. Als reiner Elektro-Hersteller bekäme Tesla dann Kreditpunkte für produzierte Fahrzeuge gutgeschrieben, die dann an Autohersteller veräußert werden können, die die staatlichen Vorgaben nicht erfüllen.

Allerdings gibt es noch die ein oder andere Unklarheit: Um in China Fahrzeuge herzustellen, braucht man eine entsprechende Lizenz. Ausländische Unternehmen erhalten diese gewöhnlich nicht und müssen sich deshalb mit einem chinesischen, zumeist staatlichen Hersteller zusammenschließen und gemeinsam produzieren. Volkswagen ist inzwischen drei solcher Kooperationen eingegangen. Aber auch Daimler, Audi und BMW fertigen in der Volksrepublik ausschließlich mit Joint-Venture-Partnern. Welcher chinesische Hersteller künftig Tesla unter die Fittiche nehmen könnte, ist nicht bekannt.

Vor drei Monaten hat sich der chinesische Technologiekonzern Tencent für 1,8 Milliarden Dollar fünf Prozent der Tesla-Anteile gesichert. Ob Tencent selbst als Partner bei der geplanten Fabrik infrage kommt, ist jedoch eher unwahrscheinlich. Bislang hat das Unternehmen noch keine E-Auto-Lizenz in China. Allerdings ist Tencent an mehreren chinesischen E-Auto-Start-ups beteiligt. Etwa an Future Mobility und an Nio. Und diese Unternehmen wiederum haben die begehrte Genehmigung der Regierung.

Warnung ignoriert

Der Fahrer bei dem aufsehenerregenden tödlichen Unfall mit einem vom Computer gesteuerten Tesla-Elektroauto im vergangenen Jahr hat mehrere Warnhinweise der Software ignoriert. Daten des Fahrzeugs zeigten, dass der 40-Jährige mehrfach aufgefordert worden sei, die Hände wieder auf das Lenkrad zu legen, heißt es in Unterlagen der US-Untersuchungsbehörde NTSB. Der Mann war im Mai 2016 ums Leben gekommen, als sein von Teslas Fahrassistenzsystem "Autopilot" gesteuertes Auto unter einen querenden Lastwagen-Anhänger raste. Nach Tesla-Angaben hielt die Software die weiße Seitenwand des Anhängers für ein hochhängendes Autobahnschild. Der Konzern betont stets, "Autopilot" sei nur ein Fahrassistenzsystem und mache die Teslas nicht zu komplett selbstfahrenden Autos. dpa

Bis es aber so weit ist, dürften noch ein paar Jahre vergehen. Vorher wird Tesla noch verkünden müssen, ob sein Massenmarktmodell auch in China verkauft werden soll. Den ehrgeizigen Plänen von Musk zufolge soll die Tesla-Produktion von 80 000 Stück im vergangenen Jahr auf 500 000 Fahrzeuge 2018 steigen. Dieses Wachstum ist dringend notwendig, um den Grundpreis für das Model 3 auf 35 000 Dollar drücken zu können. Derzeit werden die Fahrzeuge in der Fabrik in Fremont gefertigt. In der fünf Milliarden teuren Gigafactory in der Nähe von Reno hat derweil die Produktion der dafür notwendigen Batterien am vergangenen Wochenende begonnen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: