Elbvertiefung:So muss Hamburg jetzt nachbessern

  • Das Bundesverwaltungsgericht hat die geplante Elbvertiefung in Teilen abgelehnt. Damit verzögern sich die Baumaßnahmen weiter.
  • Hamburg muss vor allem beim Schutz einer Pflanze nachbessern: dem Schierlings-Wasserfenchel.

Von Angelika Slavik, Hamburg

Der Schierlings-Wasserfenchel ist in den vergangenen Jahren in Hamburg zu einiger Berühmtheit gelangt. Die Pflanze kommt nur an der Elbe vor. Und sie wurde zum Lieblingsbeispiel der Elbvertiefungsgegner, wenn es darum ging zu verdeutlichen, welche Folgen die Maßnahmen für die Umwelt hätten. Die Umweltschützer brachten noch eine ganze Reihe anderer Argumente vor, die aus ihrer Sicht gegen einen Ausbau der Fahrrinne sprechen. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entschied nun: Mit den Arbeiten zur Elbvertiefung kann bis auf Weiteres nicht begonnen werden. Und der Grund ist: der Schierlings-Wasserfenchel.

Mehr als zehn Jahre wird in Hamburg nun schon über die Elbvertiefung gestritten. Kein anderes Gerichtsverfahren in den vergangenen Jahrzehnten war für die Zukunft der größten deutschen Hafenstadt so wichtig wie dieses. In der Region hängen mehr als 150 000 Jobs direkt oder indirekt vom Hamburger Hafen ab, er ist das Herz dieser Stadt. Der Hafen allerdings steht unter Druck, weil er für die Containerschiffe immer schwerer zu erreichen ist. Das liegt an der Entwicklung in der Schifffahrtsbranche: Die Reedereien auf der ganzen Welt setzen immer größere Schiffe ein, in der Hoffnung, damit ihre Kosten pro transportiertem Container zu reduzieren.

Das Problem in Hamburg ist: Weil größere Schiffe auch mehr Tiefgang haben, passen viele der Riesenfrachter derzeit nur noch bei absolutem Hochwasser durch die Elbe - und andere gar nicht mehr. Schiffe, die in den Hamburger Hafen einlaufen möchten, müssen also bis zur Flut warten, teilweise verharren sie stundenlang in der Deutschen Bucht. Hinzu kommt, dass viele dieser Riesenschiffe auch um die 60 Meter breit sind. Deshalb kommen an vielen Stellen der Elbe nicht zwei dieser Frachter aneinander vorbei. Das macht die Ein- und Ausfahrt in den Hamburger Hafen mühsam und zeitaufwendig. Und deswegen steuern viele Reeder schon jetzt lieber andere Häfen an, den in Rotterdam zum Beispiel.

Besonders hart trifft die Verzögerung der Elbvertiefung den Hafenbetreiber HHLA. Nach der Verkündung des Urteils brach die Aktie des Unternehmens zeitweise um zwölf Prozent ein. Klar ist: Der wirtschaftliche Druck hinter der Elbvertiefung ist enorm. Das zeigte sich auch im politischen Ringen um die Pläne: Nicht einmal die Hamburger Grünen haben sich offen gegen die Elbvertiefung positioniert.

Die Umweltverbände haben dennoch geklagt - und am Donnerstag zumindest in Teilen recht bekommen. Zwar konnten sie sich in vielen Punkten mit ihrer Argumentation nicht durchsetzen. Doch einen wichtigen Sieg erreichten sie: fehlende Ausgleichsflächen für den Schierlings-Wasserfenchel ließ das Gericht der Stadt nicht durchgehen. Hamburg muss nun also nachbessern und zusätzliche Ausgleichsflächen für die Pflanzen finden. Bis dahin gibt es, auch nach zehn Jahren zähen Ringens, keine Elbvertiefung.

Im rot-grün regierten Hamburg ist man trotz der weiteren Verzögerung erleichtert über das Urteil. Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) sprach von einem "ganz wichtigen Meilenstein für die Wirtschaftsnation Deutschland". Mit der Entscheidung, sagte Scholz, stehe nun fest: "Die Elbvertiefung wird kommen."

Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Meldung zum Thema lautete die Überschrift: "Gericht lehnt Elbvertiefung ab". Diese Überschrift gab das Urteil nicht korrekt wieder. Wir haben sie entsprechend geändert.

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