Eiscreme:Wirbelsturm verfünffacht Vanille-Preis

Eiscreme: Schlechte Nachricht für Eisliebhaber: Vanilleeis wird etwas teurer.

Schlechte Nachricht für Eisliebhaber: Vanilleeis wird etwas teurer.

(Foto: Ian Dooley/Unsplash)
  • Im Frühjahr fegte ein tropischer Wirbelsturm über Madagaskar und zerstörte große Vanille-Anbauflächen.
  • Jetzt wird im Inselstaat geerntet und es zeigt sich: Die Erträge fallen erschreckend mau aus.
  • Ein Kilo Vanille kostet derzeit zwischen 500 und 600 Euro. Das macht vor allem Eisverkäufern zu schaffen.

Von Felicitas Wilke

Vor der Eisdiele von Giorgio Ballabeni im Münchner Uni-Viertel stehen die Menschen in diesen Tagen in langen Schlangen. Sie kommen, um sein stadtbekanntes Eis auszuprobieren, ausgefallene Sorten wie Zitroneneis mit kandierten Oliven, vor allem aber die Klassiker: Vanille zum Beispiel, die Lieblingssorte der Deutschen. Doch so sehr auch Ballabeni ein feines Vanille-Eis zu schätzen weiß, zurzeit bereitet ihm das schwarze Gewürz aus der länglichen Schote Kummer. Denn der Preis ist zuletzt um das Fünffache gestiegen, für ein Kilogramm zahlt der Eismacher derzeit 550 Euro. "Das trifft uns brutal", sagt Ballabeni, der Vanille in zwei seiner Eissorten verarbeitet - und zwar ausgerechnet in zwei besonders beliebten: Vanille und Schoko.

Bei dem süßen Rohstoff schlagen die Marktmechanismen, die darüber bestimmen, wie teuer ein Produkt ist, gerade voll zu: Denn die Nachfrage nach Vanille ist in den vergangenen Jahren gestiegen, gleichzeitig haben die Landwirte zuletzt weniger Früchte ernten können. "Vanille wird nicht nur für Süßspeisen genutzt, sondern beispielsweise auch, um Kosmetika herzustellen", sagt André Wolf, Rohstoffexperte beim Hamburgischen Weltwirtschaftsinstitut. Weil die Konsumenten vermehrt Produkte mit natürlichen Inhaltsstoffen in die Einkaufswägen packen, fragen auch die großen Speiseeis- und Kosmetikhersteller zunehmend echte Vanille statt künstlicher Aromen nach.

Das Problem: Die Lager sind weltweit ziemlich leer. Ein tropischer Wirbelsturm hatte im Frühjahr einen beträchtlichen Teil der Anbauflächen auf Madagaskar zerstört. Jetzt wird noch vor Ende der Ernte klar: Die Erträge sind so schlecht, dass sich die Preise auch im kommenden Jahr nicht entspannen dürften. Zwar wachsen die speziellen Orchideen, aus denen Vanille gewonnen wird, auch in anderen Ländern wie Tahiti, Papua-Neuguinea oder Mexiko, doch etwa drei Viertel des weltweiten Bedarfs deckt Madagaskar ab. "Diese starke regionale Konzentration und die Abhängigkeit vom Wetter führen dazu, dass die Preise für Vanille naturgemäß stark schwanken", sagt Wolf. Hinzu kommt Händlern zufolge, dass Spekulanten das Angebot künstlich verknappt haben und jetzt die Preise in die Höhe treiben.

Derzeit mache ihm sein Geschäft nicht so viel Freude wie sonst, sagt der Bremer Vanillehändler Hans-Wittich Karsten, der vor allem Restaurants und Eisdielen beliefert. Statt mit seinen Abnehmern über Vanillesorten und Aromen zu sinnieren, müsse er momentan viele Absagen verteilen und Kunden vertrösten, "weil ich kaum Lieferungen erhalte", sagt er. Nicht nur Vanille aus Madagaskar sei knapp. Weil so viel nachgefragt wird, kommen auch andere Produktionsländer kaum noch hinterher. "Was die Preise betrifft, ziehen die anderen natürlich auch nach", sagt Karsten.

Schon jetzt kosten in einigen Eisdielen Geschmacksrichtungen aus besonders teuren Zutaten wie Pistazien oder edlen Nüssen schon heute mehr als die konventionellen Sorten. Bald könnte mancherorts wohl auch Vanilleeis ein paar Cent teurer werden. Eismacher Giorgio Ballabeni hingegen verzichtet auf unterschiedliche Preise - das gäbe Chaos an der Kasse und würde die Schlangen vor seinem Geschäft noch länger werden lassen, sagt er. Stattdessen bastelte er an seiner Rezeptur fürs Vanilleeis - und verwendet jetzt nur noch zur Hälfte das Gewürz. Für die anderen 50 Prozent greift er auf Tonkabohnen zurück: Da gibt's das Kilo für nur 80 anstatt 550 Euro. Die Vanille als solche sei zwar unersetzbar, sagt Ballabeni, trotzdem sorge die Tonkabohne für ein "ganz eigenes Aroma, eine ganze eigene Persönlichkeit". Auch wenn die Preise für Vanille wieder fallen sollten, will er bei seiner neuen Komposition bleiben, sagt er. Not macht eben erfinderisch.

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