Einzug der Kirchensteuer:Unfreiwillige Aufgabe der Banken

Damit sich Gläubige nicht mehr vor der Kirchensteuer drücken können, sind Banken künftig verpflichtet, die Abgabe einzutreiben - eine Aufgabe, für die sie nichts bekommen. Das gefällt ihnen ganz und gar nicht.

Von Simone Boehringer

Bisher ist es eine Frage des Gewissens. Wer in Deutschland kirchensteuerpflichtig ist und Kapitalerträge hat, kann dies bis einschließlich der 2014er Steuererklärung angeben - oder auch nicht. Seit der Einführung der Quellenbesteuerung auf Kapitaleinkünfte sparen sich viele aber das Ausfüllen der Anlage KAP, wie die Zusatzerklärung für Kapitaleinkünfte heißt. Das liegt nahe. Schließlich hat die Bank die 25-prozentige Abgeltungsteuer auf Kursgewinne und Zinserträge bereits gleich ans Finanzamt abgeführt, sofern der Sparerfreibetrag von 801 Euro für Singles und 1602 Euro für Paare ausgeschöpft war.

Die Sache hat nur einen Haken: Die für Mitglieder der katholischen oder evangelischen Kirche gleichfalls anfallenden Kirchensteuern (KiSt) auf Kapitalerträge haben die Geldhäuser nur mit abgezogen, wenn die Kunden die Konfession mitgeteilt und dem KiSt-Abzug zugestimmt hatten. Wenn nicht, blieben sie zwar rechtlich kirchensteuerpflichtig. Aber dafür hätten sie dem Finanzamt dann doch alle Kapitalerträge noch in der Anlage KAP erklären müssen. Die KAP nur wegen der KiSt ausfüllen?

Diesen Aufwand haben nicht wenige gescheut - und sich so die Kirchensteuer von neun oder acht Prozent (in Bayern und Baden-Württemberg) auf Kapitalerträge gespart. Anders als bei staatlichen Steuern ist die Hinterziehung von Kirchensteuern nach Angaben eines Sprechers des Bundesfinanzministeriums nicht strafbar.

Eine Auskunftsverweigerung der Bürger bringt nichts

2015 wird dieses Schlupfloch jedoch geschlossen: Vom 1. Januar an sind die Banken verpflichtet, die Kirchensteuer mit einzuziehen. Das macht ihnen eine Menge Aufwand, bringt aber nichts ein. Sie müssen Steuer-Identifikationsnummern der Kunden abgleichen und an den Fiskus melden. Vom Bundeszentralamt für Steuern, einer Unterbehörde des Finanzministeriums, bekommen sie dann Religionsschlüssel zugewiesen, anhand derer sie feststellen, welcher Landeskirche ein Kunde angehört. Daraus leitet sich der Kirchensteuersatz ab.

Alle Angaben müssen ins IT-System der Banken eingepflegt und jedes Jahr aktualisiert werden - ein Aufwand für eine hoheitliche Aufgabe, den die Banken nicht entlohnt bekommen. Für den Service des Steuereintreibens zahlen die Kirchen dagegen sehr wohl: Je nach Bundesland zwischen zwei (Bayern) und 4,5 Prozent (Saarland) des Kirchensteueraufkommens führen sie an den Staat ab. Und der delegiert diese Aufgabe einfach an die Banken weiter.

Zu allem Ärger klappt der Informationsfluss nicht perfekt. Zum einen funktionierte nach Bankenangaben das elektronische Abrufverfahren nicht reibungslos. Zum anderen hatten Steuerpflichtige bis Ende Juni das Recht, dem Datenaustausch zwischen Bank und Finanzbehörden zu widersprechen. Das taten 375 000 Menschen. Für die nächsten Steuerjahre ist ein Widerspruch weiter möglich. In diesen Fällen muss die Bank selbst bei den Kunden die Religionszugehörigkeit erfragen. Erfährt sie diese nicht, muss der Fiskus darüber informiert werden. Die Finanzämter sehen in den Einkommensteuer-Bescheiden nach, ob Kirchensteuer erhoben worden ist. Eine Auskunftsverweigerung der Bürger bringt also nichts. Das Finanzamt verlangt zur Not das Einreichen einer KAP-Anlage, um die KiSt nachzuerheben.

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