Einzelhandel:Verdi droht mit "heißem Sommer"

An diesem Montag beginnt ein weiterer Einigungsversuch. Während Verdi erneut mit Streiks droht, kommt von unerwarteter Seite Hilfe.

Im seit Wochen festgefahrenen Tarifkonflikt für den deutschen Einzelhandel ruhen die Hoffnungen auf einem weiteren Einigungsversuch an diesem Montag in Baden-Württemberg. Sollte dort ein Durchbruch gelingen, wäre dies zumindest eine Orientierung für die Löhne und Gehälter von bis zu drei Millionen Beschäftigten im bundesdeutschen Einzelhandel.

Nach wochenlangen Verhandlungen sind die Nerven auf beiden Seiten zunehmend angespannt: Nach einem gescheiterten Einigungsversuch in der vergangenen Woche in Nordrhein-Westfalen drohte die dortige Verhandlungsführerin Silke Zimmer umgehend mit einem "heißen Sommer" mit weiteren Warnstreiks und Aktionen. In mehreren Städten, darunter in Berlin, legten am Samstag Mitarbeiter von Filialen großer Handelsketten oder Supermärkte vorübergehend ihre Arbeit nieder. Ein von den NRW-Arbeitgebern vorgelegtes verbessertes Angebot war von der Gewerkschaft ebenso nachdrücklich zurückgewiesen worden, wie eine weitere Offerte am vergangenen Freitag in Bayern.

Angesichts des zähen Ringens steigt auch im Arbeitgeberlager die Nervosität. Der Deutschland-Chef des Discounters Lidl, Marin Dokozic, forderte in einem Interview eine schnelle Lösung und eine deutliche Tariferhöhung für die Mitarbeiter. Der Einzelhandel befinde sich in einem intensiven Wettbewerb um gute Mitarbeiter, argumentierte der Manager. Vor diesem Hintergrund befürworte das Unternehmen deutliche Tariferhöhungen um jeweils drei Prozent in diesem und im kommenden Jahr. Mit seinem ungewöhnlichen Vorstoß setzt der wichtige Handelsmanager und Chef von 78 000 Mitarbeitern die Arbeitgeber unter Druck, die zuletzt in Nordrhein-Westfalen und Bayern eine Anhebung in zwei Schritten um 2,0 Prozent sowie 1,8 Prozent angeboten hatten.

In Baden-Württemberg geht Verdi am Montag mit einer Forderung von sechs Prozent mehr in die fünfte Verhandlungsrunde. Zusätzlich setzt sich die Gewerkschaft für eine Allgemeinverbindlichkeit der Tarifverträge ein. Tatsächlich arbeitet im Einzelhandel nur noch etwa jeder dritte Beschäftigte in einem Unternehmen, in dem der Tarifabschluss direkt umgesetzt wird. Für alle anderen gilt ein Verhandlungsergebnis nur als Orientierung.

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