Einigung im Kanzleramt:Magna soll Opel retten

Erleichterung bei Opel: Der kanadisch-österreichische Autozulieferer Magna soll den angeschlagenen Autohersteller übernehmen. In den USA fasst derweil die Regierung eine Insolvenz des Opel-Mutterkonzerns GM ins Auge.

Die 25.000 Opel-Beschäftigten in Deutschland können aufatmen: Bund, Länder sowie der Opel-Mutterkonzern General Motors (GM), der Investor Magna und das US-Finanzministerium haben sich in der Nacht zum Samstag in Berlin auf ein Rettungskonzept verständigt.

Einigung im Kanzleramt: "Möglichst viele Arbeitsplätze erhalten": Siegfried Wolf, Co-Vorstandsvorsitzender bei Magna.

"Möglichst viele Arbeitsplätze erhalten": Siegfried Wolf, Co-Vorstandsvorsitzender bei Magna.

(Foto: Foto: AP)

Damit ist der Weg frei für den dringend benötigten Überbrückungskredit an Opel und das lange umstrittene Treuhand-Modell. Opel soll damit aus dem GM-Verbund herausgelöst und nicht von einer Insolvenz des Mutterkonzerns mitgerissen werden, deren Verkündung durch US-Präsident Barack Obama am Pfingstmontag erwartet wird. Magna will alle vier deutschen Opel-Standorte erhalten.

Wie Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) nach den gut sechseinhalbstündigen Gesprächen im Kanzleramt mitteilte, besteht die Einigung aus drei wesentlichen Punkten. So gebe es einen Vorvertrag ("memorandum of understandig") zwischen GM und dem kanadisch-österreichischen Magna-Konzern, der zusammen mit russischen Partnern bei Opel einsteigen will.

Hinzu komme ein Treuhand-Vertrag, der in Kürze rechtswirksam umgesetzt werden müsse und der die "dingliche Sicherung" für den Bund regele. Schließlich liegt laut Steinbrück ein Konsortialvertrag für den staatlichen Überbrückungskredit von 1,5 Milliarden Euro vor.

Magna will laut Steinbrück kurzfristig benötigte Finanzmittel bereits in der nächsten Woche bereitstellen, ehe der Bund und die Länder die Voraussetzungen für die Zwischenfinanzierung geschaffen haben - auch unter Einbeziehung der jeweiligen Parlamente.

"Sie können sich sicher sein, dass wir uns diese Entscheidung nicht leicht gemacht haben", sagte Steinbrück. Alle Beteiligten seien sich der Risiken bewusst. "Aber diese Risiken waren abzuwägen auch gegen die Risiken (...) für den Fall, dass Opel insolvent gegangen wäre."

Steinbrück zufolge ist der Überbrückungskredit von 1,5 Milliarden Euro das letzte Angebot. Alle Beteiligten hätten sehr deutlich gemacht, dass sie trotz der Bundestagswahl Ende September nicht bereit sein würden, "irgendetwas draufzulegen." Damit solle signalisiert werden, dass Bund und Länder nicht erpressbar seien. Die Zwischenfinanzierung solle mittelfristig innerhalb von fünf Jahren in einen 4,5-Milliarden-Bürgschaftsrahmen umgewandelt werden.

"Tragfähige Lösung"

Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) trägt das Konzept trotz Bedenken mit. Er machte deutlich, dass er zu einer anderen Einschätzung der Risiken gekommen sei. In der Gesamtschau aber sei die Bundesregierung zu dem Schluss gekommen, dass das weitere Verfahren mitgetragen werden solle: "An dieser Mitgestaltung werde ich mich auch beteiligen", sagte Guttenberg.

Vizekanzler Frank-Walter Steinmeier (SPD) zeigte sich zufrieden mit der Lösung: "Die Perspektive für Opel steht". Natürlich könne niemand für die Zukunft alle Risiken ausschließen. "Aber ich glaube, wir haben wirklich eine verantwortbare Lösung gefunden", sagte er.

Der hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU) verwies darauf, dass den Verträgen auch die Haushaltspolitiker in Hessen und Nordrhein-Westfalen zustimmen müssten. Die Länder, in den die FDP mitregiert, hätten klare Bedingungen an ein staatliches Engagement gestellt. "Ich bin der Auffassung, dass diese Bedingungen erfüllt sind", sagte Koch.

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) bezeichnete die Einigung als "tragfähige Lösung". Der Standort Bochum habe damit eine Zukunftsperspektive bekommen. Es werde keine betriebsbedingten Kündigungen geben. Neben dem Modell Zafira werde dort auch das Elektroauto Ampera produziert.

Der Co-Vorstandsvorsitzende von Magna, Siegfried Wolf, sagte: "Wir sind jetzt in den nächsten Wochen unterwegs, mit allen Ländern Gespräche zu führen, wo Opel-Standorte sind. Wir sind sehr zuversichtlich, Lösungen zu finden, so viele Arbeitsplätze wie möglich zu erhalten."

Nach den Worten des GM-Europa-Chefs Carl-Peter Forster ist Opel im Moment absolut gerettet: "Das ist der Beginn einer neuen Zukunft für Opel, die Mitarbeiter und die Marke." Neue finanzielle Forderungen von GM sieht Forster momentan nicht.

Vorbereitungen für GM-Insolvenz

Die IG Metall in Nordrhein-Westfalen begrüßte, "dass der Staat nun endlich Klarheit geschaffen hat." Die "Hängepartie" sei für die Opel-Beschäftigten in ganz Europa eine Zumutung gewesen, sagte Bezirksleiter Oliver Burkhard. "Jetzt können wir nach vorne schauen." Entscheidend an der jetzigen Lösung sei der Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen.

Unterdessen laufen in den USA die Vorbereitungen zur Insolvenz der Opel-Mutter GM auf Hochtouren. Pfingstmontag endet ein von Obama gestelltes Ultimatum zur Vorlage eines tragfähigen Konzepts für das Überleben des gut hundert Jahre alten GM-Konzerns.

Im Weißen Haus wird die Insolvenz bereits als letzte Überlebenschance für den Autohersteller ins Auge gefasst. Das Beispiel des Autobauers Chrysler - der vor einem Monat in die Insolvenz ging - "ist ein hoffnungsvolles Beispiel für General Motors", sagte der Sprecher des Präsidenten Robert Gibbs am Freitag in Washington.

Bereits bis Samstagabend müssen die Gläubiger entscheiden, ob sie die zur Rettung von GM geplante weitgehende Verstaatlichung mittragen. In diesem Fall wird auf eine schnelle Sanierung von GM gehofft, wobei der Staat die Finanzierung übernehmen würde. Berichten zufolge sind mindestens 50 Milliarden Dollar nötig - neben den bereits geleisteten Hilfen von knapp 20 Milliarden Dollar.

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