Ei, ei, ei:Zwischen Kaffeekränzchen und Disco

William Verpoorten führt den Eierlikör-Hersteller in fünfter Generation. Jetzt will er das Image des Produkts verjüngen.

Gerhard Hennemann

Einen Firmenchef, der sich mit einem betagten Produkt aus den fünfziger Jahren herumschlagen muss, stellt man sich anders vor.

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(Foto: Foto: dpa)

Denn der 51-jährige William Verpoorten, der da im saloppen Trachtensakko über seine Erfolge als Weltmarktführer für Eierlikör berichtet, sprüht geradezu vor Temperament und Ideen. In atemberaubendem Tempo legt er druckreif dar, warum er fest an die Zukunft seiner süß-klebrigen Spirituose glaubt und wieso ihm das Unternehmerdasein nicht nur zur Osterzeit Freude bereitet. Wobei es vor Ostern schon besonders kräftig in den Kassen der Bonner Firma klingelt.

William Verpoorten, der den 1876 gegründeten Familienbetrieb seit dem Tod seines Vaters Viktor 2003 in fünfter Generation leitet, besetzt mit seinem ,,gelben Klassiker'', wie er ihn nennt, zwar nur eine Marktnische im Spirituosengeschäft.

85 Prozent Marktanteil

Doch der wohl bekannteste deutsche Werbeslogan ,,Ei, ei, ei Verpoorten - ob hier und allerorten'' - angelehnt an eine Schnulze aus den sechziger Jahren - hat das Produkt des Unternehmens zum Begriff für die gesamte Gattung gemacht: Wer Verpoorten sagt, meint Eierlikör. Die Firma mit ihren etwa hundert Mitarbeitern kommt nach eigenen Angaben in Deutschland auf 85 Prozent Marktanteil.

Der drahtige Bonner, der in seiner Freizeit am liebsten mit einer 21 Jahre alten Harley Davidson durch die Eifel tourt, reagiert geradezu allergisch, wenn man Eierlikör als ein spießiges Getränk aus Wirtschaftswunderzeiten einstuft.

Man könne damit zwar keine beeindruckenden Wachstumsraten mehr erzielen, gibt er zu, aber Eierlikör habe alle Modewellen auf dem Spirituosenmarkt überlebt. Verluste hat der Konzern, in dem zwischen März und Oktober täglich bis zu 1,3 Millionen Eier aufgeschlagen werden, noch nie verzeichnet. Der Umsatz bewegt sich seit Jahren stabil bei 50 Millionen Euro.

,,Wir fahren schon seit längerem eine Modemarkenstrategie, begleitet von einer kreativen Fernsehwerbung'', sagt Verpoorten. Eierlikör sei eben ,,nicht nur etwas für Omas Kaffeekränzchen''. So wirbt das Unternehmen dafür, mit Eierlikör Cocktails zu mischen.

,,Blonder Engel'' heißt etwa der Mix aus dem Likör und Orangensaft. Damit will der Manager junge Kunden in Bars und Diskotheken an den Klassiker heranführen. Das Sortiment hat der 51-Jährige ebenfalls ausgebaut: Das umfasst inzwischen auch gefüllte Ostereier, Eissorten und weihnachtlichen Eierlikör-Lebkuchen. Zum Teil stellen Partnerfirmen die Waren unter Verpoortens Namen her. Das Ausgangsprodukt - der Eierlikör - werde in den unterschiedlichsten Flaschengrößen und Verpackungen verkauft, und zwar weltweit, betont der Chef.

Der Firmenlenker ist sich jedoch darüber im Klaren, dass er das Image seines Produkts nur behutsam verändern darf. ,,Wir müssen uns gegenüber den Jüngeren öffnen, ohne die Älteren zu vergrätzen'', sagt er. ,,Zu hipp'' würde die Marke unglaubwürdig wirken. Besonders kreative Werbeagenturen, die am liebsten das ,,Ei, ei, ei'' aus der Eierlikör-Werbung verbannen möchten, nerven ihn.

Keine Kompromisse macht der gelernte Bankkaufmann gleichfalls bei der Signalfarbe Gelb. ,,Verpoorten ist gelber Genuss, und daran wird sich nichts ändern'', sagt der Mann, der Besucher im Eingangsfoyer seiner Firma mit drei knallgelben Sesseln empfängt - die natürlich eierschalenförmig sind.

Verpoorten gibt sich zuversichtlich, dass Bonn nicht nur weiterhin die ,,Hauptstadt des Eierlikörs'' sein wird, wie sein Vater einst stolz behauptete, sondern dass der Betrieb auch nach ihm, in der dann sechsten Generation, in Familienbesitz bleiben wird. Die Nachfolge sei zwar noch nicht geregelt, aber gesichert, betont der Geschäftsführer. Schließlich habe er einen 20-jährigen Sohn.

Gänzlich schließt Verpoorten die Möglichkeit aus, das Unternehmen in absehbarer Zeit zu verkaufen, und das womöglich an einen Finanzinvestor, von denen schon einige an seine Tür geklopft haben: ,,Ich möchte den Stab eines Tages weiterreichen statt Tauben im Park zu füttern und meinen Kindern ein langweiliges Immobilienvermögen zu vererben.'' Großartig abstimmen muss sich der 51-Jährige bei solchen Richtungsentscheidungen nicht. Seine drei

Geschwister seien zwar an der Firma beteiligt, aber die Mehrheit besitze er, sagt Verpoorten. ,,An der Pinne'', meint der leidenschaftliche Segler, ,,kann immer nur einer stehen.''

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