Ehrenamtliche:Hilfe für Helfer

Flüchtlinge in Rottenburg

Freiwilliger Helfer des deutschen Roten Kreuz in einer Notunterkunft für Flüchtlinge in Rottenburg: Ehrenamtliche sind nicht immer versichert

(Foto: Wolfram Kastl/dpa)

Wer ehrenamtlich Flüchtlinge unterstützt, ist oft versichert - das hängt aber letztlich auch von der jeweiligen Organisation ab.

Von Nina Nöthling, Köln

Freiwillige helfen beim Aufbau der Unterkünfte, geben Sprachunterricht, organisieren Sport-und Spielenachmittage. Einige nehmen sich sogar von der Arbeit frei, um mehr für die Flüchtlinge tun zu können: Keine Frage, die aktuelle Flüchtlingswelle hat in Deutschland eine Welle der Hilfsbereitschaft ausgelöst. Allerdings kann es vorkommen, dass sich ein Helfer verletzt, er einer anderen Person aus Versehen Schaden zufügt oder etwas beschädigt. Dann ist es wichtig zu wissen, wie der Ehrenamtliche versichert ist.

"Grundsätzlich gilt, dass Ehrenamtliche, die in Deutschland aktiv sind, gut versichert sind", sagt Lutz Dettmer, Prokurist und Berater für Kirchen und Länder im Bereich Ehrenamt beim kirchlichen Versicherungsmakler Ecclesia. "Egal, ob sie sich über einen Träger, für die Kommune oder frei engagieren." Die gesetzliche Unfallversicherung oder Sammelverträge, die Vereine und Bundesländer mit Versicherern abgeschlossen haben, decken die meisten ehrenamtlichen Tätigkeiten ab. Eine Anmeldung ist nicht eigens nötig, wer dort ehrenamtlich tätig ist, ist versichert. Fällt ein Helfer beispielsweise beim Zeltaufbau von der Leiter oder rutscht beim Deutschunterricht aus, zahlt die Unfallkasse Behandlung und Reha-Maßnahmen. Bleiben langwierige Schäden, zahlt die Versicherung eine Rente. Die liegt etwa in Nordrhein-Westfalen bei maximal zwei Dritteln des letzten Gehaltes oder 175 000 Euro im Jahr.

Eine Ausnahme gibt es allerdings beim Engagement über Stiftungen oder in Bürgerinitiativen. Hier sind nicht alle Ehrenamtlichen automatisch gesetzlich versichert. Deswegen haben einige Landesregierungen mit den jeweiligen Unfallkassen Zusatzregelungen ausgehandelt. In Nordrhein-Westfalen und Hamburg profitieren diese Bürger ebenfalls von der gesetzlichen Unfallversicherung. Gibt es keine solchen Zusatzvereinbarungen, haben die Bundesländer private Sammelverträge abgeschlossen. Die Deckung ist hier nicht so umfangreich, aber der Versicherte bekommt einen Ausgleich für langfristige Einkommensverluste.

Ehrenamtliche, die in einem Sportverein als Trainer aushelfen oder in Flüchtlingsunterkünften Sportangebote organisieren, tragen ein höheres Verletzungsrisiko als andere Helfer. Beim Fußball, Handball oder Ringen ist schnell der Fuß gebrochen oder die Schulter ausgekugelt. Das kann im schlimmsten Fall eine langfristige Beeinträchtigung bedeuten. Die Behandlung zahlt zwar auch die Krankenkasse, doch Sportvereine haben in den meisten Fällen Gruppenverträge für Unfälle ihrer Ehrenamtlichen abgeschlossen, die dann greifen und auch Lohnausfälle ausgleichen.

Elke Weidenbach von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen empfiehlt, sich vor Beginn der ehrenamtlichen Tätigkeit unbedingt beim Träger und der eigenen Versicherung über die Bedingungen zu informieren. Bekommt man auf die Anfrage keine vernünftige Antwort, sollte man sich überlegen, privat eine Unfallversicherung abzuschließen, so Weidenbach.

Egal ob private oder gesetzliche Versicherung - wichtig ist, dass die Tätigkeit als Ehrenamt klassifiziert werden kann. Der Gesetzgeber schreibt vor, dass die Tätigkeit freiwillig, unentgeltlich, für Dritte, in einem organisatorischen Rahmen und möglichst kontinuierlich stattfinden muss. Konkret: "Ich kann mich nicht morgens entscheiden, etwas für Flüchtlinge tun zu wollen, und mich dann nachmittags am Bahnhof hinstellen und Teddybären verteilen", sagt Weidenbach "Verletze ich mich dabei, zahlt die gesetzliche Unfallversicherung nicht".

Gerade die Flüchtlingshilfe sollte unter Leitung einer Organisation oder Stadtverwaltung stattfinden. Wer etwas Gutes tut, muss im Schadensfall beweisen können, dass er zum Zeitpunkt ehrenamtlich tätig war. Deshalb sollten sich Freiwillige am besten auf einer Liste des Trägers oder der Organisation eintragen, erläutert Weidenbach. Wenn das nicht möglich ist, sollten Helfer sicherstellen, dass mehrere Leute von der ehrenamtlichen Betätigung wissen. Die gesetzliche Unfallversicherung umfasst, ähnlich wie im Beruf, auch beim Ehrenamt den Hin- und Rückweg zum Einsatzort. Allerdings darf dabei kein Abstecher zum Bäcker oder zur Bank gemacht werden. Bleibt der Freiwillige nach dem Fußballtraining noch auf einen Kaffee im Vereinsheim sitzen, ist er währenddessen nicht gegen Unfallschäden versichert, erklärt Peter Grieble von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg.

Beim Spielen oder beim Sport geht schnell auch einmal etwas kaputt: Der Ball fliegt durch eine Fensterscheibe, oder das Handy wird getroffen und beschädigt. Noch schlimmer ist es, wenn es nach dem gemeinsamen Kochen mit Flüchtlingen wegen einer vergessenen heißen Herdplatte im Vereinsheim plötzlich brennt. In der Regel sind sozial Engagierte über die Haftpflichtversicherung des Vereins oder Trägers abgesichert.

Vorsicht ist bei der privaten Haftpflicht angesagt

Vorsicht ist bei der privaten Haftpflichtversicherung geboten. "Ehrenamtliche Tätigkeiten sind bei den meisten Versicherern ausgeschlossen" sagt Experte Dettmer vom Makler Ecclesia. Viele Versicherer berücksichtigen zwar den Einzelfall, bevor sie über Leistungen entscheiden. Aber ob eine Gesellschaft zahlt, liegt in ihrem Ermessen, sagt der Experte.

Einige Versicherer haben ihre Versicherungsbedingungen geändert, zum Beispiel die Arag und die Axa. In ihren Tarifen sind ehrenamtliche Tätigkeiten mit abgedeckt. Trotzdem sollten sich Engagierte unbedingt vorher bei der Versicherung erkundigen und gegebenenfalls schriftlich bestätigen lassen, dass die Tätigkeit versichert ist, rät Dettmer.

Greift im Schadensfall kein anderer Schutz, haben alle Bundesländer Gruppenversicherungen abgeschlossen, sodass der freiwillige Helfer mit den Kosten nicht alleine dasteht. Die gesetzliche Haftpflichtversicherung für NRW beispielsweise übernimmt Personen- und Sachschäden bis zu einer Höhe von zwei Millionen Euro, Vermögensschäden sind bis zu 100 000 Euro gedeckt.

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