Ehemaliger Chef der WestLB:Banker Ludwig Poullain ist tot

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Von Bankern forderte er Verlässlichkeit, Gemeinsinn und Verantwortung für die Gesellschaft: Ludwig Poullain. (Foto: dpa)

Er appellierte an die Tugenden des Bankiers alter Schule und hielt den Euro für einen Irrtum: Nun ist der ehemalige Chef der WestLB, Ludwig Poullain, im Alter von 95 Jahren gestorben.

Von Harald Freiberger

Ludwig Poullain, 95, Banker aus einer anderen Zeit, ist tot. Er starb am Dienstag in seinem Haus in Münster. Poullain war von 1969 bis 1977 Chef der WestLB - jener Landesbank, die es heute nicht mehr gibt, weil sie nach einer Serie von Milliardenverlusten auf Geheiß der EU 2012 abgewickelt werden musste. Es ist heute kaum mehr vorstellbar, dass die WestLB in den 1970er Jahren einmal die große Gegenspielerin der Deutschen Bank war. Poullain war der Mann, der sie groß gemacht hatte. Er galt als innovativer und dabei ehrwürdiger Banker, der sein Institut vor allem als Dienstleister für den Mittelstand sah.

Allerdings fiel auf seine Laufbahn ein Schatten, als bekannt wurde, dass er von einem Finanzdienstleister ein Millionen-Honorar bekommen hatte. 1977 trat er deswegen zurück; später sprachen ihn die Gerichte vom Vorwurf der Untreue frei.

Danach trat Poullain vor allem als Bankenkritiker auf, der an die Tugenden des Bankiers alter Schule appellierte: Verlässlichkeit, Gemeinsinn, Verantwortung für die Gesellschaft. Im Jahr 2004, drei Jahre vor Ausbruch der Finanzkrise, veröffentlichte er eine "ungehaltene Rede" über die aufgeblähten Geschäfte am Finanzmarkt und das verlorene Ethos von Bankern, denen es an "Redlichkeit und moralischen Prinzipien" fehle. Die Rede stellte sich im Nachhinein als fast prophetisch heraus. Und so wurde Poullain mit 90 Jahren noch einmal zu einem viel gefragten Kommentator, zum Mahner aus Münster. "Die Vertrauensfäden zwischen den Banken sind gerissen und ersetzt worden durch diese riesigen Liquiditätsergüsse der Notenbanken", sagte er vor drei Jahren in einem SZ-Interview. Das gegenseitige Misstrauen der Banken sitze tief. "Kommt das Vertrauen wieder? Ich weiß es nicht."

Der Euro entzweie die Völker

Den Euro hielt er für einen großen Irrtum, die gemeinsame europäische Währung habe mehr Schaden angerichtet als Nutzen gestiftet: "Vor seiner Einführung hat doch alles wunderbar funktioniert. Da hat jedes Land nach seiner Fasson leben und dieses auch finanzieren können. Man brauchte nur von Zeit zu Zeit die eigene Währung gegenüber der D-Mark ein wenig abzuwerten." Der Euro dagegen entzweie die Völker, baue Neid, Missgunst, ja sogar Hass gegeneinander auf.

Den Niedergang seines alten Instituts verfolgte er fassungslos: "Die Bank wurde zu einem Instrument der Politik. Sie hatte kein eigenes Geschäftsmodell mehr und lebte von der Substanz. Mangels Geschäftsmodell stürzte man sich in das Investmentbanking und versenkte dort unglaublich viel Geld." Es sei Industriepolitik gemacht worden, gleichzeitig habe man die Sparkassen und den Mittelstand vernachlässigt. "Es war ein schleichender Prozess der Dekadenz."

Zuletzt tauchte sein Name in der Öffentlichkeit noch einmal wegen der Kunstwerke auf, die er als WestLB-Chef erworben hatte. Der geplante Verkauf der Sammlung sorgte in der Kulturszene für Aufruhr und setzte Nordrhein-Westfalens Landespolitik unter Druck. Vor kurzem räumte Poullain ein, er habe die Werke ohne jeden Kunst-Sachverstand ausgewählt: "Ich kaufte die Bilder aus Lust und Freude."

© SZ vom 11.02.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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