Editorial:Entscheiden in unsicheren Zeiten

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Das Motto des Wirtschaftsgipfels 2016 stammt aus dem Januar, als die redaktionelle Planung begann. Es bezog sich auf Euro-Krise, Flüchtlingsdebatte, Krieg und Terror. Was ist seitdem nicht noch alles dazugekommen!

Von Marc Beise und Ulrich Schäfer

Manchmal hat der Mensch Glück und möchte es gar nicht haben. Das Motto des Wirtschaftsgipfels 2016 der Süddeutschen Zeitung stammt aus dem vergangenen Januar, als die redaktionelle Planung für Deutschlands großen Wirtschaftskongress begann, der diese Woche im Hotel Adlon in Berlin stattfindet. "Entscheiden in unsicheren Zeiten ", das basierte auf der Euro-Krise, dem Syrien-Krieg, Terror, Flüchtlingsdebatte. Angst an den Finanzmärkten. Dann kam im Juni das Votum für den Brexit und die große Frage, welche Zukunft Europa noch hat.

Seither ist die Unsicherheit in der Wirtschaft nochmals gewachsen.

Und nun auch noch die Nacht des 8. November 2016, in der die in Europa vertraute Politikerin Hillary Clinton unterging und ein Newcomer namens Donald Trump weite Teile der Welt überrascht und, man darf sagen, fast schon in Angst und Schrecken versetzt hat. Wird der neue US-Präsident so irrational regieren, wie er seine Wahlkampfauftritte absolviert hat? Wird er umsetzen, was er angekündigt hat? Mauern, Grenzen, Zölle, Konfrontation? Wird er sich gegen den Freihandel stellen? Gegen die Globalisierung?

Unsichere Zeiten, fürwahr.

Was all dies für Wirtschaft und Politik bedeutet, darüber werden von diesem Donnerstag an 450 Führungskräfte und 70 Referenten beim SZ-Wirtschaftsgipfel diskutieren, dem zehnten Treffen dieser Art. Antworten liefern werden unter anderem der französische Ministerpräsident Manuel Valls, der liechtensteinische Regierungschef Adrian Hasler, EU-Parlamentspräsident Martin Schulz, EU-Kommissar Günther Oettinger und drei amtierende beziehungsweise ehemalige Bundesminister. Außerdem auf dem Podium: die Chefs von Dax-Unternehmen wie BMW, Deutsche Telekom, Siemens, SAP, von internationalen Konzernen wie Emirates, Infosys, Salesforce, Telefonica und UBS, von führenden Internetunternehmen wie Booking.com und Rocket Internet. Dazu: Familienunternehmer, große Mittelständler, junge Gründer, Wissenschaftler.

Im Schatten von Wahlen, Populismus und Kriegen schreitet zudem die digitale Revolution weiter voran, sie wird die Gesellschaft und die Wirtschaft binnen weniger Jahre noch radikaler verändern als die Erfindung der Dampfmaschine im 18. Jahrhundert, die Einführung des Fließbandes zu Beginn des 20. Jahrhunderts oder die weltweite Verbreitung des Autos. Es geht darum, wie sich unser Leben, Arbeiten und Produzieren, aber auch der Umgang von Führungskräften und Mitarbeitern verändert. In den Fabriken perfektioniert sich Industrie 4.0, das Internet der Dinge verknüpft alles mit allem: das Smartphone mit dem Kühlschrank, das Haus mit dem Auto, das Pflaster mit dem Arzt.

Das Silicon Valley mit seinem überbordenden Fortschrittsglauben prescht dabei voran, Deutschland tat sich bislang schwer, setzt aber nun, ebenso wie China, zum digitalen Sprung an. Mit Blick auf die USA stellt sich nach der Wahl von Trump nun allerdings die Frage, ob das hohe Tempo des digitalen Wandels so weitergehen wird. Denn die vergessene Mitte Amerikas, der der neue Präsident Trump helfen will, gehört zu den Verlierern des Internet- und Roboterzeitalters.

Bei der Erstauflage des SZ-Wirtschaftsgipfels 2007 war von der Digitalisierung noch kaum die Rede. Damals ging es um globalen Wettbewerb, Wachstumsstrategien und Unternehmen im Umbruch. Später gab es erste Digital-Panels, für manche Teilnehmer aus der Industrie und dem Mittelstand waren es noch Exotenveranstaltungen. Heute ist die digitale Herausforderung mit all ihren Aspekten zentraler Bestandteil fast aller Podien. Am Freitagnachmittag wird der Kongress zur Jury: Auf der Bühne im Hotel Adlon pitchen Gründer aus ganz Deutschland erstmals um den Titel des "Gipfelstürmers". Denn die Start-ups sind die Zukunft des Landes - manche von ihnen werden scheitern; aber sie treiben den Wandel in der Wirtschaft voran.

Entstanden ist der SZ-Wirtschaftsgipfel vor zehn Jahren aus der Idee heraus, die großen wirtschaftlichen Fragen mit Unternehmern, Politikern, Wissenschaftlern und klugen Köpfen offen zu diskutieren, also jene Themen, mit denen sich Tag für Tag auch der Wirtschaftsteil der Süddeutschen Zeitung auseinandersetzt. Anfangs hieß der Kongress "Führungstreffen Wirtschaft", doch nicht nur der Name hat sich gewandelt, auch die Veranstaltung selbst: Die Referenten sind internationaler, weiblicher, jünger geworden.

Den SZ-Wirtschaftsgipfel kann heute zudem jeder verfolgen, auch von außerhalb des Saals - die Digitalisierung macht es möglich. Mithilfe des Fernsehpartners n-tv wird der Kongress im Web übertragen. Zu finden ist der Livestream auf www.sz-wirtschaftsgipfel.de/live oder www.n-tv.de. Oder laden Sie sich die App zum Kongress herunter (zu finden im Appstore unter "SZ Gipfel") und verfolgen den Livestream dort.

Seien Sie also mit dabei. Egal auf welchem Wege.

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