EDF kauft British Energy:Renaissance der Kernkraft

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Der weltweit größte Atomstromkonzern EDF wird bald alle Kernkraftwerke in Großbritannien betreiben - und damit zum Monopolisten bei der Stromversorgung.

Michael Kläsgen

Es ist der bislang teuerste Zukauf des französischen Staatskonzerns Électricité de France (EDF): Am Mittwoch kündigte der weltweit größte Atomstromkonzern an, für 15,8 Milliarden Euro British Energy, den größten Stromversorger Großbritanniens, übernehmen zu wollen.

"Renaissance der Kernkraft": Atomkraft ist in Großbritannien willkommen (Foto: Foto: dpa)

Französisches Strommonopol

Mit dem Kauf baut EDF seine Position als weltweit größter Betreiber von Atomkraftwerken (AKW) aus. Zudem erhält die von dem Kernkraftkonzern maßgeblich mitbetriebene "Renaissance der Kernkraft" neuen Auftrieb. Die Franzosen werden von 2010 an alle AKW in Großbritannien betreiben und damit zum Monopolisten bei der Stromversorgung. Der Preis dafür ist hoch, um bis zu fünf Milliarden Euro zu hoch, sagten Kritiker. British Energy hatte erst im vergangenen Quartal einen Einbruch des Nettogewinns von 65 Prozent verzeichnet und musste die Stromproduktion drosseln.

Die sechs Gewerkschaften innerhalb des EDF-Konzerns bezeichneten den Kauf in einer gemeinsamen Erklärung nicht nur als zu teuer, sondern auch als zu riskant und unnötig. Unnötig, weil EDF in Großbritannien ein Grundstück erworben hatte, auf dem der Konzern ein neues Atomkraftwerk hätte bauen können. Jetzt erwerben die Franzosen acht ältere Kernkraftwerke. Diese decken bisher knapp ein Fünftel des gesamten Stromverbrauchs in Großbritannien ab. Dieser Anteil wird in den kommenden 15 Jahren allerdings auf sechs Prozent zurückgehen. Denn sieben Meiler müssen aus Altersgründen abgeschaltet werden.

Von der britischen Regierung, die gut 35 Prozent an British Energy hält, erhielt EDF die Zusage, vier Europäische Druckwasserreaktoren (EPR) mit einer Leistung von 1600 Megawatt an den bestehenden Standorten bauen zu dürfen. Derzeit werden in der Welt zwei dieser von Siemens und Areva entwickelten Reaktoren gebaut, einer in Finnland und einer in Nordfrankreich. Beide sind in Bauverzug. Der finnische Prototyp verursacht Mehrkosten in Milliardenhöhe.

Atomkraft ist im Vereinigten Königreich willkommen

Der britische Premierminister Gordon Brown ließ sich dadurch jedoch nicht abschrecken. Er ist einer der Regierungschefs in Europa, die nachdrücklich auf Atomkraft setzen, um dem Klimawandel zu begegnen und die Abhängigkeit von Öl- und Gasimporten zu verringern. Tatsächlich eignen sich AKW jedoch nur zur Produktion von Strom und verringern kaum die Abhängigkeit von anderen Energiequellen. Zudem trägt Atomkraft nach einer Studie der Pariser Energieagentur Wise nur bis zu einer Höhe von sechs Prozent zum Abbau von Treibhausgasen bei. An der Börse stiegen die Aktien beider Unternehmen dennoch.

Lesen Sie auf der nächsten Seite: Feilschen um neun Pence mehr pro Aktie.

Die Aufsichtsräte von EDF und British Energy hatten sich zuvor auf ein von den Franzosen um neun Pence je Aktie verbessertes Angebot geeinigt. Auch der Widerstand zweier privater Aktionäre auf britischer Seiten soll ausgeräumt worden sein. Gleichwohl müssen diese ebenso wie die Wettbewerbshüter noch zustimmen

Buhlen um British Energy

EDF-Chef Pierre Gadonneix sagte, die Akquisition werde bereits vom kommenden Jahr an zum Gewinn beitragen. Gadonneix wird voraussichtlich spätestens im September 2009 im Alter von 66 Jahren ausscheiden. Er war zuletzt bei Übernahmeversuchen in Spanien, Belgien, Russland, den Vereinigten Arabischen Emiraten und zunächst auch Ende Juli in Großbritannien bei British Energy gescheitert. Kritiker behaupten, er wolle nach der Serie von Niederlagen nun mit aller Macht sein Mandat mit einer großen Übernahme beenden.

Unklar ist bei dem Kauf von British Energy noch, ob EDF alle Anteile übernehmen wird. Die Franzosen verhandeln derzeit noch mit dem britischen Gasunternehmen Centrica, 25 Prozent der Anteile zu übernehmen. Bedingung für den Kauf sei das aber nicht.

Gadonneix schloss zudem nicht aus, das Angebot für den Kauf des US-Stromversorgers Constellation zu erhöhen. EDF verfügt über eine sogenannte Kriegskasse, die mit schätzungsweise 25 bis 30 Milliarden Euro gefüllt ist.

RWE ausgestiegen

Der Essener Energiekonzern RWE hatte zwischenzeitlich auch für British Energy geboten, war dann aber ausgestiegen und kündigte nun an, trotzdem ein Atomkraftwerk in Großbritannien bauen zu wollen. Auch die Düsseldorfer Eon war aus dem Rennen ausgeschieden und hatte die "hinter Staatszäunen verschanzte" Marktmacht von EDF kritisiert.

© SZ vom 25.9.2008/kim/jkr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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