EADS:Rochaden an der Doppelspitze

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Beim Luft- und Raumfahrtkonzern EADS rangeln Deutsche und Franzosen wieder um die Spitzenjobs. Jetzt sollen die Regierungschefs Merkel und Sarkozy die Sache klären.

Jens Flottau

Auf der deutschen Seite der EADS-Führungsetage gab es bis vor einigen Wochen einen schönen Traum: Louis Gallois, der 63-jährige Airbus- und EADS-Co-Chef, könne bald den inneren Wunsch nach mehr Ruhe verspüren und sich in absehbarer Zeit mehr seinen Hobbys widmen wollen.

Schließlich könne er ja auf eine lange Karriere unter anderem als französischer Bahnchef zurückblicken. Dann wäre bald die Zeit gekommen für Thomas Enders, den die französische Zeitung Les Echos gerade so schön als Gallois' "deutsches Alter Ego'' bezeichnet. Enders könne dann alleiniger EADS-Chef werden.

Es ist zumindest so viel klar, dass die politische Konstellation für den Konzern in der jüngeren Vergangenheit selten so eindeutig für die Abschaffung der ungeliebten Doppelspitze sprach, wie in diesen Tagen.

Enders und Gallois wollen sie nicht, aber viel wichtiger ist, dass sich der neue französische Präsident Nicolas Sarkozy für eine einfachere Organisation und Bundeskanzlerin Angela Merkel für "effizientere Strukturen'' bei EADS aussprechen.

Die Konstellation ist allerdings auch so angelegt, dass Enders eher schlechte Karten hat, nach den geplanten Rochaden an der Konzernspitze noch mit von der Partie zu sein.

Am 16. Juli, also am übernächsten Montag, wollen sich Sarkozy und Merkel bei Airbus in Toulouse treffen, um über die künftigen EADS-Strukturen zu beraten.

Im Vorfeld des Treffens wird nun gestreut, Gallois werde alleiniger Vorstandschef von EADS, während DaimlerChrysler-Vorstand Rüdiger Grube einziger Verwaltungsratschef des Luft- und Raumfahrtkonzerns werde.

Enders und Co-Chairman Arnaud-Lagardère müssten dann ihre Posten räumen. Darauf hätten sich die Regierungen in Berlin und Paris mehr oder weniger bereits geeinigt.

Wer solche Informationen zum jetzigen Zeitpunkt unter die Leute bringt, der tut dies natürlich nicht ohne Hintergedanken. Und doch gilt: Es spricht auf mehreren Ebenen einiges dafür, dass es so kommen wird.

Es gilt als offenes Geheimnis, dass sich die beiden privaten Hauptaktionäre DaimlerChrysler und Lagardère über kurz oder lang aus der EADS zurückziehen wollen. Deswegen dürfte weder DaimlerChrysler ein gesteigertes Interesse daran haben, einen der ihren (Enders) weiterhin in die operative Führung des Konzerns zu schicken.

Oberaufseher Grube hingegen könnte bis auf weiteres darüber wachen, dass keine Seite benachteiligt wird und damit politischen Sorgen gerecht werden. Arnaud Lagardères Interesse an der Luft- und Raumfahrt ist bekanntlich ebenfalls überschaubar - den Verwaltungsratschef bei EADS muss er nicht ewig geben.

Es ist zwar nicht aus der Luft gegriffen, dass sich Louis Gallois mittelfristig mehr um seine Hobbys (vor allem Bücher) kümmern wird - vor allem dann, wenn das überlebensnotwendige Sanierungsprogramm "Power 8'' bei Airbus richtig ins Rollen gekommen ist.

Doch warum ausgerechnet Enders davon profitieren sollte, ist nicht so klar ersichtlich. Im Unternehmen wird zwar darauf verwiesen, dass die von Enders verantworteten Bereiche Raumfahrt, Verteidigung und Hubschrauber im Gegensatz zu Airbus profitabel seien und die wirtschaftlichen Ergebnisse damit ein Argument für Enders seien.

Enders contra Frankreich

Das stimmt zwar, doch die Frage ist, ob dies zählt. Enders hat sich offen gegen die Beteiligung des französischen Staates an der EADS ausgesprochen. Dass ein Vorstandschef öffentlich Druck macht gegen einen Anteilseigner, ist gelinde gesagt ungewöhnlich und sorgt in der Regel nicht für ein inniges Verhältnis der beiden Parteien.

Dass die französische Seite einen EADS/Airbus-Chef Enders akzeptieren würde, ist schon deswegen recht unwahrscheinlich.

Hinzu kommt, dass Sarkozy einen treuen Gefährten in der Führungsriege des Konzerns weiß, den er offenbar für höhere Aufgaben befähigt hält: Der 45-jährige Fabrice Brégier, seit einigen Monaten operativer Airbus-Chef und Nummer zwei hinter Gallois, soll mit dem neuen Staatspräsidenten eng vertraut sein.

Seine neue Position bei Airbus war sowieso von vielen nur als erster Schritt verstanden worden. Und das Leistungsprinzip, das die Deutschen für Enders reklamieren, gilt auch für Brégier: Sein früherer Verantwortungsbereich, die Hubschraubersparte Eurocopter, ist äußerst profitabel und steht hervorragend da.

Und Enders? Der wird seinen Posten entgegen anders lautender Meinungsäußerungen aus dem Konzernumfeld sicherlich nicht freiwillig räumen.

Schließlich ist ja auch noch nichts entschieden und nicht ausgeschlossen, dass sich Merkel und Sarkozy nicht einigen können bei ihrem Treffen in Toulouse. Wenn ihm aber nichts anderes übrigbleibt, dann helfen ja vielleicht auch ihm die guten Kontakte in die Politik.

Etwa zu Merkel und Hessens Ministerpräsidenten Roland Koch. Sein Traumjob sei sowieso Verteidigungsminister, so wird in der EADS-Zentrale gewitzelt.

© SZ vom 04.07.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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