E-Mobiliät:Europas Autohersteller sollen zusammen Batterie bauen

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Ein Mitarbeiter der Deutsche ACCUmotive arbeitet an einer Zelle für eine Smart-III-Batterie. Ein Großteil der Batteriezellen, die in Europa verbaut werden, sind jedoch importiert. (Foto: Arno Burgi/dpa)
  • Maroš Šefčovič, in der EU-Kommission zuständig für Energiefragen, wünscht sich einen "Airbus für Batterien".
  • Durch die Gründung eines europaweiten Konsortiums zur Fertigung von Batterien will er verhindern, dass Europa im weltweiten Wettbewerb um die Autos von morgen zurückfällt.
  • Sein Ziel: Schnell viel mehr Autos mit alternativen Antrieben auf die Straße zu bringen.

Von Max Hägler, Frankfurt/Brüssel

Europas Autoindustrie droht bei sauberen Antrieben nach Ansicht der EU-Kommission den Anschluss zu verlieren. Deshalb schlägt Maroš Šefčovič, der als Vizepräsident für das Thema Energie zuständig ist, die Gründung eines europaweiten Konsortiums zur Fertigung von Batterien vor. Als Vorbild hierfür nennt er die Luftfahrtindustrie. "Wir brauchen ein Airbus für Batterien", sagte er der Süddeutschen Zeitung.

Unter dem Namen Airbus fanden sich 1970 Flugtechnikunternehmen aus Spanien, Frankreich, Großbritannien und Deutschland zusammen, um gegen die damals dominierenden amerikanischen Boeing-Jets in Konkurrenz treten zu können. Jetzt brauche es derlei für E-Autos; ein Gipfeltreffen in Brüssel ist geplant.

Šefčovič will so verhindern, dass Europa im weltweiten Wettbewerb um die Autos von morgen zurückfällt: "Wir müssen erkennen, dass die USA und China beim Thema Elektromobilität schneller vorangehen als wir", sagte er im Interview. Damit die europäische Autoindustrie - von Peugeot Citroën und Renault in Frankreich und Fiat in Italien bis zu Audi, BMW, Mercedes, Opel in Deutschland und der tschechischen VW-Tochter Škoda - wieder in Führung gehen könne, stünden umfangreiche Fördermittel bereit: "Wir haben Mittel, um Forschung, Infrastruktur und den Markt generell zu unterstützen", so Šefčovič. Zwei Milliarden Euro könnten abgerufen werden, um unter anderem zu Batterien und alternativen Antrieben zu forschen. "Das Ziel ist, schnell viel mehr Autos mit alternativen Antrieben auf die Straße zu bringen", sagt der EU-Politiker.

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Tatsächlich ist die Industrie auf dem Gebiet äußerst zurückhaltend, weil sich die Zellen am günstigsten aus Fernost beziehen lassen. Zwar gibt es derzeit Überlegungen zur Zellfertigung in Europa, etwa vom Technikkonzern Bosch. Aber zuletzt hat etwa Volkswagen explizit erklärt, nicht selbst in die Produktion einzusteigen.

Bei vielen Herstellern sind E-Autos noch Zukunftsvisionen

Batterien sind ein maßgeblicher Kostenpunkt bei E-Autos. Eine Batterie-Kilowattstunde (kWh) kostet derzeit etwa 200 Euro; dabei hat ein BMW i3 etwa eine Batterie mit 33 kWh Kapazität, ein Tesla gar 100 kWh. "Diese Technik ist zu wichtig, als dass wir sie aus Übersee importieren", sagt Šefčovič, der sich gemeinsam mit einigen anderen Kommissaren in Brüssel auch um das Thema Mobilität kümmert.

Die Politik sei also bereit, wirbt der sozialdemokratische Politiker, der dieser Tage gemeinsam mit Bundeskanzlerin Angela Merkel die Frankfurter Autoshow IAA besuchte: "Jetzt müssen die Unternehmenschefs mitziehen." Er sei überzeugt, dass die europäische Industrie eigentlich mithalten könne mit Asien und den USA. Die meisten Unternehmen präsentieren auf der Automesse diverse E-Autos - allerdings oft noch als Zukunftsvision. Sie wollen den großen Umschwung erst im kommenden Jahrzehnt einleiten.

Für Diesel sieht der 51-jährige EU-Kommissar trotz aller modernen Reinigungsanlagen indes nur noch wenig Zukunft - und er hatte dazu auch sein ganz persönliches Erlebnis: Als im September 2015 der Dieselskandal aufkam, war er just in den USA, um dafür zu werben, dass europäische Autos die saubersten der Welt seien. "In den Nachrichten kam aber andauernd der Gegenbeweis", erinnert er sich an die bizarre Situation damals. Es sei nicht nur im Interesse der Kunden, sondern der Industrie selbst, dass die Ermittlungen der Behörden im Dieselskandal weiterliefen. Passiere so etwas noch einmal, könnte es die gesamte Autoindustrie in Europa "vernichten", warnt er.

Der beste Weg, damit die Menschen wieder Vertrauen in die Branche fassten, sei die Produktion von Autos mit alternativen Antrieben. Denn Diesel sei mehr denn je ein europäisches Nischenthema, wobei selbst die europäischen Bürger zunehmend das Interesse verlören. Aufgrund des nachvollziehbaren politischen Drucks aus abgasgeplagten Metropolen und dieselkritischer Initiativen der Regierungen in den Niederlanden und Frankreich, aber auch des deutschen Bundesrates, hält Šefčovič auch ein europaweites Dieselverbot nicht für ausgeschlossen: "Die Autohersteller sollten sich darauf vorbereiten."

Allerdings werde sich die Mobilität nicht auf einen Schlag umstellen lassen: Die Infrastruktur, also die Ladesäulen, müsste auf dem ganzen Kontinent bereitstehen, und auch die möglichen sozialen Folgen dürften nicht vergessen werden, sagt Šefčovič. Zugleich müsse die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien weiter zunehmen. Da sei Europa gut unterwegs. Die Hälfte des Stroms in Europa soll im Jahr 2030 nachhaltig produziert werden.

Kommt eine Quote für emissionsfreie Autos?

Gemeinsam mit den Kollegen erarbeitet er gerade ein neues Rahmengesetz für den Verkehr, "Europe on the Move" genannt. Bis zum Jahresende soll das Papier fertig sein. Es ist nicht ausgeschlossen, dass Autohersteller in Europa bald eine Mindestanzahl von Autos mit alternativen, emissionsfreien Antrieben verkaufen müssen - was nicht zwangsläufig, aber vor allem auf Batteriewagen hinauslaufen würde.

In der Kommission denke man über verschiedene Wege nach, den Markt für saubere Autos voranzubringen, sagt der EU-Kommissar: "Die traditionelle Industrie mag das Wort und das Konzept einer technikspezifischen Quote nicht besonders." Aber Europa brauche "ein Signal", nicht nur damit die Industrie aufwache, sondern auch damit die Energieversorger und die Menschen den Wandel wahrnähmen.

© SZ vom 18.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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