Dumpingpreise:Bauernaufstand

Dumpingpreise: Weil die französischen Bauern sauer auf ihre Kollegen in Deutschland und Spanien sind, haben sie einige Grenzübergänge und Schnellstraßen blockiert.

Weil die französischen Bauern sauer auf ihre Kollegen in Deutschland und Spanien sind, haben sie einige Grenzübergänge und Schnellstraßen blockiert.

(Foto: Jean-Sebastien Evrard/afp)

Nichts geht mehr: Weil die französischen Bauern sauer auf ihre Kollegen in Deutschland und Spanien sind, haben sie Straßen und Grenzen blockiert.

Traktoren und große Heuballen blockieren an der Europabrücke bei Straßburg die Fahrspur in Richtung Frankreich, Dutzende von Lastkraftwagen mit deutschen Nummernschildern stehen auf einem Parkplatz neben der Brücke: Mit Blockaden an der Grenze zu Deutschland, aber auch zu Spanien, haben französische Bauern am Montag ihre Protestaktionen gegen sinkenden Abnahmepreise für ihre Produkte fortgesetzt.

Allein an sechs deutsch-französischen Grenzübergängen im Elsass wurden nach Angaben eines Vertreters der Landwirte in der Nacht zum Montag zwischen 200 und 300 Lastwagen gestoppt, die Fleisch, Milchprodukte oder auch Gemüse geladen hatten. Viele Fahrer machten kehrt, andere harrten auch am Mittag noch an der Brücke aus.

Der französische Bauernverband FDSEA wirft den deutschen und spanischen Konkurrenten vor, mit Lohndumping den Wettbewerb zu verzerren. Die französische Regierung müsse "konkrete und nachhaltige Lösungen" finden, um dieser Situation ein Ende zu setzen, forderte der regionale Vorsitzende der FDSEA, Franck Sander. Das Nothilfeprogramm der Pariser Linksregierung in Höhe von 600 Millionen Euro sei keine Lösung. "Das verschleppt die Probleme." Sander zufolge sind "mehr als Tausende Landwirte" mobilisiert, um sich an den Straßensperrungen abzulösen.

Er könne die Wut der französischen Bauern durchaus verstehen, versicherte ein Fernfahrer, der sich Kendy nennt und seit drei Uhr morgens an der Europabrücke steht. "Aber wir können da ja nichts ändern". Der für eine Spedition in Chemnitz arbeitende Fahrer hat in Bayern Molkereiprodukte geladen, die für den französischen Markt bestimmt sind.

Verständnis äußerte die Linkspolitikerin Sahra Wagenknecht. "Das deutsche Lohndumping zerstört Europa", erklärte die Vize-Vorsitzende der Linken. Die Proteste der französische Bauern seien gerechtfertigt. Die Grünen im Bundestag forderten einen deutsch-französischen Agrargipfel: Die Fachminister aus den beiden Ländern müssten über eine Drosselung der Produktion sprechen, sagte ihr agrarpolitischer Sprecher Friedrich Ostendorff der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Die Märkte seien "übervoll."

Der Deutsche Bauernverband hingegen erklärte, diesseits und jenseits der Grenze hätten die Landwirte dieselben Probleme. Die Preise seien vor allem wegen des Russland-Embargos, der schwächelnden Konjunktur in asiatischen Märkten wie China sowie der Preispolitik des Lebensmitteleinzelhandels so stark gesunken. Die Kritik der französischen Bauern an den Lohnkosten in der deutschen Landwirtschaft sei mit Einführung des Mindestlohns nicht mehr begründet.

Frankreichs sozialistischer Staatschef François Hollande versuchte abermals, die Wogen zu glätten. "Wir sind auf der Seite der Landwirte", sagte er. Das Landwirtschaftsministerium werde Druck auf Lebensmittelketten und Schlachthöfe ausüben. Die Preise müssten angehoben werden, das müsse auch der Verbraucher verstehen. Außerdem solle das Thema Anfang September bei einem Treffen der EU-Agrarminister angesprochen werden.

Französische Bauern machen seit Tagen gegen die fallenden Preise für Agrarprodukte mobil. Sie blockierten Straßen und den Zugang zu Touristenattraktionen wie dem Mont Saint Michel in der Bretagne.

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