Druck der Banken:Leo Kirch zum Rückzug bereit

Bei der hoch verschuldeten Kirch-Gruppe ist Firmenpatriarch Leo Kirch seit Sonntag bereit, dem Druck der Banken nachzugeben und sich zurückzuziehen.

Hans-Jürgen Jakobs und Klaus Ott

(SZ vom 25.03.02) - Die Krise bei Kirch erreichte am Sonntag ihrem vorläufigen Höhepunkt. Die wichtigsten Hausbanken des Medienkonzerns versuchten bei Verhandlungen mit Leo Kirch und den Mitgesellschaftern des Konzerns, einen Konkurs vorläufig abzuwenden. Die Gespräche in der Bayerischen Landesbank in München dauerten bis in die Nacht.

Die Banken drängten den Firmenpatriarchen, der sich mit waghalsigen Geschäften beim Abo-Fernsehen und bei der Formel 1 in eine scheinbar ausweglose Lage gebracht hat, zu einem schnellen Abgang. Aus Banken- und Konzernkreisen hieß es am späten Nachmittag, Kirch sei zum Rückzug bereit. Er wolle seine Anteile sogar ganz abgeben.

Bisherige Partner sollen Gesellschafter bleiben

Kirch soll der Bayerischen Landesbank, der HypoVereinsbank, der Commerzbank und der DZ Bank nach deren Vorstellungen die Mehrheit an der Kerngesellschaft Kirch Media überlassen, zu der die Sender Sat 1, ProSieben, Kabel 1 und N24 sowie der Film- und Sportrechtehandel gehören. Nach den Plänen der Banken sollen Kirchs bisherige Partner als Minderheitsgesellschafter im Konzern verbleiben. Im einzelnen sind das die Handelsgruppe Rewe, die Medienkonzerne von Rupert Murdoch und Silvio Berlusconi sowie vier ausländische Kapitalinvestoren, darunter der saudische Ölscheich Al Walid.

Mit Vertretern dieser Minderheitsgesellschafter wurde am Sonntag in München ebenfalls verhandelt. Dabei äußerten Kirchs bisherige Juniorpartner ihrerseits den Wunsch, unter bestimmten Bedingungen Kirchs Konzern mehrheitlich zu übernehmen. Die Finanzinstitute seien keine Medienunternehmer, lautete der Einwand gegen die Pläne der Banken.

Kreditnachlass gefordert

Murdoch, Berlusconi und Partner verlangen von den vier Instituten, auf einen Teil der an Kirch ausgereichten Kredite zu verzichten. Sonst seien Kirch Media und die übrigen Sparten des Konzerns, darunter auch der Abo-Sender Premiere, nicht überlebensfähig. Die Finanzinstitute lehnen es bisher aber rigoros ab, Kredite zu erlassen. Aus den Banken hieß es dazu, das sei "das letzte Mittel, das für uns in Frage kommt. Wir wollen am liebsten überhaupt kein Geld verlieren." Sie sind allenfalls bereit, die Kredite zu strecken und die Zinsen vorläufig zu stunden. Das wiederum reicht aus Sicht der Kleingesellschafter von Kirch Media nicht aus. Der Münchner Konzern hat Finanzschulden in Höhe von insgesamt 7,2 Milliarden Euro und darüber hinaus weitere Verpflichtungen in Milliardenhöhe.

Nach den Verhandlungen mit der Kirch Gruppe und deren Minderheitsgesellschaftern berieten Spitzenmanager der vier Finanzinstitute am Sonntagabend in der Landesbank in München über das weitere Vorgehen. Dem Vernehmen nach haben sich die Geldhäuser bereits auf ein neues Management verständigt, das den Konzern künftig leiten soll. Neben Kirch sollen noch weitere Manager ausgewechselt werden, darunter angeblich auch sein bisheriger Stellvertreter Dieter Hahn. Ihm wird angelastet, die riskanten Engagements im Abo-Fernsehen und in der Formel 1 vorangetrieben zu haben.

800 Millionen Euro

Die vier Hausbanken und die sieben Miteigner von Kirch Media konnten sich bisher lediglich darauf verständigen, gemeinsam 800 Millionen Euro kurzfristig bereitzustellen, um einen Konkurs abzuwenden. Zwei Drittel dieser Summe würden die Finanzinstitute übernehmen, das restliche Drittel käme von Murdoch, Berlusconi und Partnern. Kirchs 40-Prozent-Paket am Axel Springer Verlag war nicht Gegenstand der Gespräche.

Der Schlüssel, ob der Konzern gerettet werden könne, liegt nun bei den Kreditinstituten. Andererseits kommt es vor allem darauf an, wie sich Rupert Murdoch künftig verhält. Der angloamerikanische Medienunternehmer ist über seinen Konzern News Corp. mit 2,5 Prozent an der Kirch Media beteiligt und über seinen britischen Abosender BSkyB außerdem noch Mitbetreiber von Kirchs defizitärem Bezahl-Fernsehen Premiere. BSkyB will im Oktober von der Option Gebrauch machen, das bisherige Premiere-Investment plus Zinsen von Kirch zurückzufordern. Das sind rund immerhin 1,75 Milliarden Euro.

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