Dreieinhalb Jahre nach Beginn der Finanzkrise:Lehman Brothers nicht mehr pleite

Als die Investmentbank Lehman Brothers zusammenbrach, erzitterte die Welt. 1268 Tage nach der Bankrotterklärung ist das Symbol der Finanzkrise nun nicht mehr insolvent. Das ist mehr als eine Formalität: Jetzt bekommen Gläubiger Milliarden ausgeschüttet. Auch eine pikante Personalie in der Bankenlobby erinnert an die Pleite.

Auch eine Pleite ist irgendwann zu Ende: Nach fast dreieinhalb Jahren ist die Insolvenz der US-Investmentbank Lehman Brothers abgeschlossen. Das Unternehmen erklärte Chapter 11 nach 1268 Tagen offiziell für beendet. Das Gläubigerschutzverfahren ist nach dem entsprechenden Abschnitt im US-Insolvenzrecht benannt.

Damit ist ein Kapitel der Finanzkrise abgeschlossen, das gleichzeitig ihr größtes Symbol war: Die Bank hatte sich so gravierend verspekuliert, dass die damalige US-Regierung unter George W. Bush und Henry Paulson beschloss, sie pleite gehen zu lassen. Diese Entscheidung erschütterte das gesamte Finanzsystem, weil Lehman mit so vielen Banken und Unternehmen vernetzt war.

Freuen dürfte die Neuigkeit vor allem Lehmans Gläubiger: Vom 17. April an soll der Rest des Vermögens an sie ausgeschüttet werden. Sie können mit der Auszahlung von etwa 65 Milliarden Dollar rechnen - von den mehr als 300 Milliarden Dollar, die sie eigentlich haben wollten. Ein neues Lehman-Management soll die Bank und die restlichen Papiere abwickeln.

Auch für den Insolvenzverwalter der deutschen Lehman-Tochter, Michael Frege, ist im April Zahltag. Die hiesige Dependance ist einer der größten Gläubiger des US-Mutterkonzerns, weil dieser einen großen Teil seiner normalen Bankgeschäfte über die Lehman Brothers Bankhaus AG abwickelte, da diese eine Banklizenz hatte, wie Frege im Januar sagte. Es sei gelungen, strittige Vermögenspositionen zugunsten der deutschen Gläubiger zu regeln. "Wir haben dort beachtliche Erträge erhalten", sagte er. Zu den Nutznießern zählen dann unter anderem die Bundesbank und die deutschen Privatbanken.

Um die Lehman-Kunden entschädigen zu können, hatte der Einlagensicherungsfonds der privaten Banken eine Garantie über 6,3 Milliarden Euro vom Bankenrettungsfonds Soffin gebraucht, mit der eine Anleihe begeben wurde. Die Einzahlungen der privaten Banken in den Fonds hätten für die Bewältigung der Milliarden-Pleite nicht gereicht. Das deutsche Insolvenzverfahren wird sich allerdings noch über drei bis fünf Jahre hinziehen.

In Zusammenhang mit Lehman Brothers wurde auch eine pikante Personalie bekannt. Der frühere Kommunikationschef der Investmentbank soll künftig das angekratzte Image der Großbanken aufpolieren. Andrew Gowers wurde zum PR-Chef der europäischen Finanzmarkt-Lobbygruppe Association for Financial Markets in Europe ernannt. Ihr gehören viele Top-Investmentbanken aus den USA und Europa angehören.

Gowers war 2008 bei der Pleite von Lehman oberster Kommunikator der US-Investmentbank. Anschließend ging er zu BP, wo er die PR-Kampagne des britischen Konzerns nach der Ölkatastrophe im Golf von Mexiko steuerte. BP war in der Zeit für einige PR-Flops kritisiert worden, wie etwa die Veröffentlichung computermanipulierter Fotos von der Ölpest.

In Deutschland kennt man Gowers insbesondere durch seine Tätigkeit als Chefredakteur der Zeitung Financial Times Deutschland Anfang des letzten Jahrzehnts. Diese Rolle hatte er auch bei der britischen Financial Times inne.

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