Do-it-yourself:Selbermachportale unter Druck

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Seit September 2012 hat Dawanda einen Offline-Laden in Berlin. (Foto: PR)

Der Heimwerker-Markt wächst. Aber Dawanda und Etsy haben viele Mitarbeiter entlassen. Woran liegt das?

Von Sophie Burfeind und Michael Kläsgen, München

Häkeln oder Marmelade kochen - Selbermachen ist seit Jahren ein Trend. Die Firmen Dawanda und Etsy sind mit ihren Online-Marktplätzen für handgemachte Produkte nicht nur Pioniere in der Do-it-yourself-Branche, sondern waren bislang auch recht erfolgreiche Pioniere. Das scheint sich zu ändern: Zwar steigen die Umsätze im Heimwerker-Markt weiter - 2016 waren es dem Handelsverband Heimwerken, Bauen und Garten zufolge in Deutschland 14 Milliarden Euro, 1,9 Prozent mehr als 2015 - sowohl Dawanda aus Berlin als auch der US-amerikanische Konkurrent Etsy haben nun aber etwa ein Viertel der Mitarbeiter entlassen.

Als Grund dafür gibt Dawanda-Chefin Claudia Helming an, dass das Unternehmen 2016 nicht so gewachsen sei wie geplant. Die 2006 gegründete Firma hat allein im vergangenen Jahr einen Vorsteuerverlust von 4,2 Millionen Euro gemacht, 2018 wolle sie profitabel werden. "Gehälter spielen bei der Zielerreichung natürlich eine große Rolle, weshalb die Entlassungen unerlässlich sind." Etsy hat neben den Entlassungen auch seinen französischen Marktplatz geschlossen.

Beide Firmen haben es seit vergangenem September mit der übermächtigen US-Plattform Amazon zu tun. Damals schaltete der Online-Konzern in fünf europäischen Ländern Websites für Kunsthandwerker und Kreative frei. Ein Amazon-Sprecher sagte, das Unternehmen veröffentliche keine Zahlen über Umsatzentwicklungen, also auch nicht über den neuen Marktplatz. Aus einer Pressemitteilung von April ist aber zu erfahren, dass Amazon allein in den ersten sechs Monaten seit Bestehen des Angebots 5000 Handmade-Verkäufer in Europa gewinnen konnte.

Der E-Commerce-Experte Alexander Graf ist der Ansicht, dass sich daran ein allgemeiner Trend ablesen lässt: Internet-Konzerne wie Amazon oder Ebay werben kleineren Plattformen die Kunden ab. Firmen wie Etsy und Dawanda müssten daher über Strategien nachdenken, den Markt für "Handgemachtes" anders zu erobern. Viele Kunden, so Graf, hätten sich in Online-Kommentaren beispielsweise darüber geärgert, dass auf den Plattformen "nur noch gewerbliche Verkäufer" unterwegs seien. Um jeden Preis wachsen zu wollen, dies sei für Dawanda und Etsy genau das falsche Rezept.

Auch Pinterest macht den Pionieren der Branche Konkurrenz: In dem sozialen Netzwerk heften Nutzer Bilder und Anleitungen selbstgemachter Produkte an virtuelle Pinnwände. Nach eigenen Angaben hat die Firma aus dem Silicon Valley schon 150 Millionen Nutzer, zuletzt wurde es mit elf Milliarden US-Dollar bewertet.

© SZ vom 06.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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